Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen wird 60 Jahre alt

Kein Grund zum Feiern

Neutral und unpolitisch. So war die Organisation ursprünglich gedacht. Von den Vereinten Nationen am 14. Dezember 1950 beschlossen, um nach dem Zweiten Weltkrieg einer Million Flüchtlinge zu helfen. Heute, genau 60 Jahre später, sind die Einsätze des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) längst nicht mehr nur humanitärer Natur.

 (DR)

Ob im Kosovo, in Kolumbien oder Afghanistan: Als Anwalt der Flüchtlinge ergreift das Hilfswerk immer wieder Partei. In den Jahrzehnten nach seiner Gründung wurde das UNHCR-Mandat zunächst alle fünf Jahre verlängert. Im Dezember 2003 beschloss die UN-Vollversammlung dann ein unbeschränktes Mandat. Heute stehen knapp 26 Millionen Menschen unter seinem Schutz. Am Dienstag begeht das Werk, das bereits zweimal den Friedensnobelpreis erhielt, seinen 60. Jahrestag.



Viele Erfolge gibt es dagegen nicht zu feiern. Schätzungen zufolge sind weltweit fast 43,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Etwa 27 Millionen Menschen wurden innerhalb ihrer eigenen Länder vertrieben. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge, für die sich das Hilfswerk einsetzt, sind Afghanen und Iraker. Warum Menschen flüchten, ist UN-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres zufolge immer schwerer zu fassen. Waren früher Kriege und politische Konflikte die Ursache, so sind die Gründe heute vielfältiger: Menschen flüchteten etwa vor den Auswirkungen des Klimawandels oder vor Hungerkatastrophen. Die UN müsse sich diesen Herausforderungen stellen, so Guterres.



Konflikte werden immer komplexer

Dass die Konflikte immer komplexer werden, bekommt auch das UNHCR selbst zu spüren: So hilft es nicht nur den außer Landes Geflohenen, sondern auch schätzungsweise 20 bis 30 Millionen Binnenflüchtlingen, etwa zuletzt in der sudanesischen Krisenregion Darfur. Zuständig ist das Kommissariat zudem für ehemalige Flüchtlinge, die nach ihrer Rückkehr in die Heimat Hilfe brauchen; ebenso für Menschen, die in einem anderen Land vorübergehend Schutz fanden, aber nicht den vollen Rechtsstatus eines Flüchtlings erhielten.



Am 1. Januar 1951 begann das Hilfswerk mit 33 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 300.000 US-Dollar seine Arbeit, zunächst mit einem Mandat für drei Jahre. Heute kümmern sich 6.800 Mitarbeiter in 126 Ländern um Flüchtlinge und Vertriebene, derzeit am umfangreichsten im Irak, im Tschad und in Afghanistan. Der Hauptsitz der Organisation ist Genf; über 80 Prozent der Mitarbeiter sind allerdings außerhalb der Zentrale tätig - häufig in entlegenen und gefährlichen Regionen. Das Jahresbudget liegt mittlerweile bei rund drei Milliarden US-Dollar (Tageskurs 2,3 Milliarden Euro); vor zehn Jahren war es noch ein Drittel.



Dauerhafte Lösungen angestrebt

Die Hilfsprogramme werden hauptsächlich durch freiwillige Beiträge von Regierungen, aber auch von Stiftungen und Privatpersonen finanziert. Zudem steht ein begrenzter Betrag von weniger als zwei Prozent aus dem UN-Budget für die Verwaltung zur Verfügung. Unter dem im Jahr 2000 beklagten Spendenmangel scheint die Organisation derzeit nicht mehr zu leiden. Man habe in den vergangenen Jahren "großzügige staatliche und private Spenden erhalten", heißt es im eigenen Profil.



Wenn irgendwo auf der Welt ein Konflikt ausbricht, ist es für die UN-Flüchtlingshelfer nicht damit getan, Zelte aufzubauen, Decken und Lebensmittel auszugeben. Vielmehr haben sie den Auftrag, "dauerhafte Lösungen" für die Probleme der Flüchtlinge zu finden. Wem die Rückkehr in die Heimat verbaut ist, hilft das Werk - auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention -, sich an einem anderen, sicheren Ort niederlassen zu können.



Dazu gehören auch unbequeme Forderungen. So setzte sich Guterres in diesem Jahr - vergeblich - für die Schaffung eines einheitlichen EU-Asylsystems ein. Es könne nicht sein, dass Asylbewerber in den verschiedenen Mitgliedsländern unterschiedliche Chancen auf Anerkennung hätten. Die Amtszeit des derzeitigen Flüchtlingshochkommissars wurde im April für weitere fünf Jahre verlängert. An Herausforderungen wird es ihm nicht mangeln. Denn Guterres sagt selbst: "Die Wurzel des Problems der Vertreibungen konnte noch nicht beseitigt werden."