"Ein Mann seines Wortes". Im Sommer kam dieser außergewöhnliche Film, in die Kinos. In seiner spanischen Muttersprache redet Jorge Bergoglio den Zuschauern ins Gesicht und ins Herz. Deutsche Untertitel helfen zum Verstehen. Der stärkste Eindruck: Der Filmtitel stimmt und erklärt die Ausstrahlung dieses Papstes. Die Momentaufnahmen aus Rom und auf Reisen belegen, wie Wort und Leben eins sind bei ihm.
"Vom Ende der Welt" komme er auf den Bischofsstuhl in Rom. So sagte er am Abend seiner Wahl, am 13. März 2013. An das Ende unserer kleinen Welten schickt er uns seither unermüdlich - zu den Ausgegrenzten und Armen wie kaum ein Papst vor ihm. Die "Option für die Armen" ist für Franziskus, wie schon die Wahl seines Namens zeigt, kein Thema unter vielen anderen.
Zu lange um die Gunst der Reichen und Mächtigen gekümmert?
Vielleicht gehört es ja zu den schwersten Sünden der Kirche, dass wir uns viel zu lange eher um die Gunst der Reichen und Mächtigen gekümmert haben. Nach den Jahrhunderten blutiger Verfolgung war das zwar verständlich, aber nicht im Sinne des Gründers. Schon dem Volk Israel - ehemals ägyptischen Sklaven, unseren älteren Geschwistern im Glauben - wird von Mose und allen Propheten immer wieder eingeschärft, dass der Befreier, sein Gott, ein Freund und Verbündeter der Armen ist und bleibt.
Wenn Juden und Christen an die Seite aller "Fremden, Witwen und Waisen" treten und nicht nur ihrer notleidenden Verwandten, dann treten sie an die Seite dieses Gottes. Das endgültige Urteil über unsere Qualität als Menschen hängt an der Qualität unseres Einsatzes für die Andern, insbesondere für Bedürftige und Opfer aller Art. So hören wir es klipp und klar in der "Gerichtsrede", im 25. Kapitel des Matthäusevangeliums.
Papst Franziskus bittet uns in diesem Oktober, dem alljährlichen Monat der Weltmission, mit ihm zu beten, dass sich gerade die Ordensleute diesen entscheidenden Impuls des Evangeliums ans Herz gehen lassen. Tun sie das denn noch nicht? Das will der Papst sicher nicht pauschal unterstellen.
Synergieeffekte der Orden noch mehr auf die Armen hin bündeln
Der heilige Martin von Tours hat schon über 100 Jahre vor Mönchsvater Benedikt das gemeinschaftliche Leben von Mönchen mit Caritas und Seelsorge verbunden. Alle Klöster der benediktinischen Tradition gaben im gesamten Mittelalter den Armen Brot oder sogar Arbeit und den Kranken und Obdachlosen Hilfe. Als im 19. Jahrhundert neuzeitliches Denken den Glauben der Kirche in eine schwere Krise gebracht hatte, gründeten mutige Frauen und Männer neue Orden, die Armen- und Krankenpflege, Erziehung und weltweite Entwicklungshilfe mit der Weitergabe des Evangeliums verbanden.
Wer bewundert heute nicht die Gründungen des 20. Jahrhunderts: die "Kleinen Schwestern und Brüder" Charles de Foucaulds, Mutter Teresa und ihre Schwestern oder auch die Gemeinschaft Sant'Egidio, die in Rom wieder einmal einen völlig neuen Typ von Gemeinschaft an der Seite der Armen gefunden hat!
Der erste Jesuit auf dem Stuhl des Petrus wünscht sich offenbar, die Synergieeffekte der Orden noch mehr auf die Armen hin zu bündeln, um ihre spirituelle Energie von innen nach außen ausstrahlen zu lassen!
Können sich "Weltchristen" mit dem Gebet für die Ordensmenschen begnügen?
Ordensgemeinschaften sollen also keinesfalls selige Inseln für Wenige sein, die sich in frommen Bunkern selbst genügen. In Mitteleuropa haben zwar viele Orden derzeit mit Überalterung zu kämpfen; sie haben also die Armen, die alten und schwachen Schwestern und Brüder, im eigenen Haus. Aber der alte und doch so junge Papst hofft trotzdem, dass sie sich neu auf das "Kerngeschäft" konzentrieren.
Können wir "Weltchristen" uns aber mit dem Gebet für die Ordensmenschen begnügen? Vielleicht können wir sie auch anders unterstützen und den Kontakt mit ihnen suchen. Orden verstanden sich wohl immer als Mutmacher für die "Normalos". Viele Klöster öffnen jetzt noch mehr als früher ihre Türen zu Auszeiten und Einkehrtagen, um Gewächshäuser zu sein gegen die Armut unseres Glaubens. Viele Orden mühen sich um Kreise von Freunden und Förderern, in der Tradition der "Dritten Orden".
In den Großgemeinden, die jetzt überall die "Pfarrfamilien" ablösen, werden solche überschaubaren Gemeinschaften lebensnotwendig. Wenn nicht auch sie irgendwie die "Option für die Armen" zu leben versuchen, wird man sie kaum typisch christlich nennen können. Mancherorts hat übrigens der kirchliche Einsatz in der Flüchtlingshilfe zur Vernetzung mit Menschen geführt, die bislang "mit Kirche nichts am Hut" hatten. Spätestens hier kann man sehen:
Die Armen sind nicht nur Aufgabe, sondern auch und mehr noch Gabe, Geschenk von ihm, der unseretwegen arm wurde.
Von Gerhard Dane