Was war das Besondere an jener Begegnung?
Seit mehr als 500 Jahren, genau seit 1439, war kein Papst mehr mit einem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel zusammengetroffen. Damals trafen sich Papst Eugen IV. und Patriarch Joseph II., um über eine Union beider Kirchen zu verhandeln - vergeblich. Im Lauf der Jahrhunderte verhärteten sich die Fronten weiter: Die vatikanische Glaubenskongregation verbot orthodoxen Christen 1755 die Teilnahme an den Sakramenten. Der orthodoxe Patriarch stellte Katholiken seinerseits den Heiden gleich und erklärte sie für ungetauft.
Unter welchen Umständen fand die Begegnung 1964 statt?
Protokollarisch war das Treffen von Papst Paul VI. und dem Patriarchen Athenagoras kompliziert: Paul VI. musste sich in Jerusalem am Vortag erst mit dem griechisch-orthodoxen Patriarchen von Jerusalem, Benediktus, treffen, um dessen Einverständnis für eine solche Begegnung einzuholen - denn das Treffen fand auf seinem Terrain statt.
Wie kam es zur Spaltung von Katholiken und Orthodoxen?
Als Zeitpunkt der Kirchenspaltung gilt landläufig das Jahr 1054. Am 16. Juli 1054 legte der päpstliche Legat, Kardinal Humbert von Silva Candida, auf dem Altar der Hagia Sophia in Konstantinopel eine Bannbulle nieder. Dem Bann verfielen demnach der Patriarch von Konstantinopel, Michael Kerullarios, sowie seine Mitarbeiter. Daraufhin bannte Kellurarios am 20. Juli seinerseits die Autoren der Bannbulle. Als sehr viel schwerer wiegend für das Verhältnis zwischen Konstantinopel und Rom erachten viele Historiker die Plünderung der Bosporus-Stadt durch die Teilnehmer des Vierten Kreuzzugs im Jahr 1204.
Paul VI. und Patriarch Athenagoras erklärten am 7. Dezember 1965 zum Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) die "Tilgung der Erinnerung an die Bannflüche von 1054". Damit hoben sie jedoch nicht das Schisma zwischen beiden Kirchen auf.
(kna)