Er präsentierte sich gern als Macho und Großmaul mit Zigarre. Umso stärker wirkte das Bekenntnis des früheren Schalke-Managers Rudi Assauer 2012, er leide an Alzheimer. "Mein Hirn, die Rübe da oben, funktioniert nicht mehr. Das ist bitter, einfach nur bitter", sagte er damals der "Bild". "Ich bin mit meinem Alter viel zu jung für diese Krankheit."
Würdigung durch Deutsche Alzheimergesellschaft
"Alzheimer - so 'ne Scheiße!" hieß auch das erste Kapitel der 2012 veröffentlichten Autobiografie "Ausgewechselt" des damals 67-Jährigen. Am Mittwoch ist Assauer im Alter von 74 Jahren in Herten gestorben. Die Deutsche Alzheimergesellschaft würdigte ihn am Donnerstag als Persönlichkeit, die durch ihren offenen Umgang mit der Krankheit vielen Betroffenen und ihren Angehörigen Mut gemacht habe.
"Er hat dazu beigetragen, dass die Krankheit nicht mehr so ein großes Tabuthema ist und darüber gesprochen werden kann", sagte Geschäftsführerin Sabine Jansen.
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Assauer weitgehend zurückgezogen von der Öffentlichkeit. Im Oktober gab seine Tochter Bettina Michel unter Tränen bekannt, dass ihr Vater die Schalke-Arena nie wieder betreten würde.
"Wenn es eine Sache in der Welt gibt, wenn es eine Sache in meinem Leben gibt, vor der ich immer Angst hatte, so richtig Schiss auf gut Deutsch, dann Alzheimer", beschrieb der gelernte Stahlbauschlosser seine größte Lebensangst. Der frühere Fußballprofi von Borussia Dortmund, Werder Bremen und Schalke 04 hatte Grund zur Sorge: Sein älterer Bruder Lothar litt ebenfalls einige Jahre an Alzheimer und starb 2013 mit 81 Jahren an den Folgen.
Mit der Krankheit in die Offensive
Hatte er die Krankheit zunächst zu überspielen und zu verstecken versucht, ging Assauer ab 2012 in die Offensive. Für die ZDF-Reihe "37 Grad" ließ er sich ein Jahr lang von einem Fernsehteam begleiten. Der Film mit dem Titel "Ich will mich nicht vergessen" zeigte, welche Klippen er bei Auftritten in der Öffentlichkeit umschiffen musste und was die Krankheit für Familie und Freunde bedeutete.
2013 befassten sich auch Gerichte mit Assauers Erkrankung. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied, dass ein Alzheimer-Patient auch dann geschieden werden kann, wenn er seinen Willen nicht mehr selbst vor Gericht bestätigen kann. Das OLG betonte, dass Assauer vor dem Amtsgericht - und bestätigt durch eine ärztliche Einschätzung - trotz seiner eingeschränkten Gesundheit seinen Willen zur Trennung und Scheidung zuvor klar geäußert habe. Dass er später zum Abschluss des Verfahrens keinen Scheidungswillen mehr mitteilen konnte, habe keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Scheidung.
Nicht der einzige Prominente
Assauer ist nicht der einzige Prominente, dessen Demenz-Erkrankung die Öffentlichkeit aufwühlt. Immer wieder berichtete Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) über den Umgang mit der Demenz ihres prominenten Vaters, des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. 2011 sorgte der Suizid von Playboy Gunter Sachs für Aufmerksamkeit. Er hatte sich aus Angst vor dem Verfall durch Alzheimer erschossen. 2014 tat es ihm der frühere Intendant des MDR, Udo Reiter, gleich.
Für Schlagzeilen sorgte auch der 2013 an Alzheimer gestorbene Literaturwissenschaftler Walter Jens. Der Befürworter der aktiven Sterbehilfe hing nach Darstellung seiner Familie zuletzt sehr an seinem Leben. Er sei "erstaunlich fröhlich" und voller Lebenswillen, erklärte sein Sohn Tilman. "Auch das Leben mit Alzheimer kann seine Würde haben."
In Deutschland leben etwa 1,7 Millionen Menschen mit Demenz, rund 60 Prozent von ihnen haben Alzheimer. Bislang gibt es keine Therapie, die die Erkrankung stoppen oder heilen könnte. Symptome können aber gemildert, der Verlauf verlangsamt werden. Pro Jahr erkranken nach unterschiedlichen Berechnungen zwischen 160.000 und 300.000 Bundesbürger neu. Die menschlichen, aber auch die finanziellen Belastungen sind erheblich: Grobe Kostenschätzungen für Deutschland gehen von 40 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr aus.