Das Priesterjahr endet mit Großveranstaltungen - und Zuversicht

"Am liebsten wäre uns, es würde nie enden"

Am Ende überschattete der Missbrauchs-Skandals alles. Doch das zurückliegende Priesterjahr war mehr, das zeigten die abschließenden Tage von Rom. Für manchen Geistlichen waren sie erst der Anfang.

 (DR)

Einen Moment der Stille auf dem Petersplatz gab es bei beiden Großtreffen der Priester aus aller Welt mit Papst Benedikt XVI.: Bei der Vigil am späten Donnerstagabend war es eine feierliche Stille während der eucharistischen Anbetung, als 15.000 Priester und einige Tausend weitere Gläubige vor dem Allerheiligsten niederknieten. Bei dem Abschlussgottesdienst für das Priesterjahr am Freitagvormittag war es eher eine persönliche Stille eines jeden Priesters. Direkt zuvor hatte der Papst in seiner Predigt mit einer Vergebungsbitte den Missbrauch von Kindern durch Geistliche beklagt.
Nach der kurzen Besinnung erneuerten die Seelsorger ihre priesterlichen Versprechen.

Auf die Fragen des Kirchenoberhaupts, ob sie ihr Weihegelübde erneuern, zu Jesus Christus stehen und sich nicht von menschlichen Interessen, sondern von der Liebe leiten wollten, antworten sie mit: "Ja, ich will." Am Abend zuvor hatte der Papst umgekehrt noch ihre Fragen beantwortet. Fünf Fragesteller, einer aus jedem Kontinent, lasen ihre Fragen ab. Benedikt XVI. antwortete frei und erntete einige Male Applaus. So dankte er allen Priestern, die ihre ganze Kraft für die Evangelisierung geben, warnte sie aber vor Überforderung. Auf den Satz: "Habt auch manchmal den Mut, euch auszuruhen", folgt nachdenkliches Nicken von vielen Männern, die das wohl oft vergeblich versucht hatten.

Gegen die Tendenz, einem "Klerikalismus" zu verfallen, riet Benedikt XVI. seinen Priestern, ihren Blick auf den Tabernakel und, wie Mutter Teresa, auf die Armen zu richten. Lacher erntete der Theologen-Papst, als er erzählte, dass er inzwischen drei Generationen von Theologien erlebt habe und dass sich manche Theorien inzwischen als veraltet und in einigen Fällen als lächerlich erwiesen hätten. Die Antwort aber, dass sie sich als Richtlinie unter anderem an den Katechismus halten sollten, um nicht einer "Arroganz der Vernunft" in der akademischen Theologie zu verfallen, veranlasst zumindest zwei Priester zum Raunen. "Na, ganz so einfach geht es nicht", kommentiert ein englischsprachiger Geistlicher.

Klerus mit großer Bandbreite
Vielleicht hätte es ihm der Papst gar nicht übelgenommen. Denn schon das Programm des internationalen Priestertreffens zeigte die große Bandbreite innerhalb des katholischen Klerus. Mit Lobpreisgesängen, erhobenen Händen und bunten Luftballons hatten sich etwa am Dienstag rund 450 Geistliche der Charismatischen Erneuerungsbewegung in der Lateranbasilika auf das Treffen mit dem Papst eingestimmt.

Nachdenklicher war die Atmosphäre am Mittwoch in der vatikanischen Audienzhalle, als Seelsorger von Problemen wie Alkoholsucht, Einsamkeit, Krankheit und Bedrohung in ihrem Alltag berichteten. Am Begegnungsabend mit dem Papst stellten Pfarrer aus Hollywood, Jerusalem, Buenos Aires und dem französischen Ars-sur-Formans ihre verschiedenen Gemeinden vor.

Etwas uniformer sahen die Priester, Seminaristen und Ordensmänner bei dem Abschlussgottesdienst aus: In den ersten vier Sektoren tragen alle weiße Alben oder Messgewänder, erst ab dem Obelisken sitzen Priester in Chorröcken und blauen, weißen, grauen oder schwarzen Kollarhemden unter den mehreren Tausend weiteren Gläubigen. Nachdem die 15.000 Männer jeden Alters ihre Hände erhoben und mit dem Papst die Messe konzelebriert haben, ziehen sie sich aus der prallen Sonne des Petersplatzes in den Schatten zurück.

Kardinal Claudio Hummes hatte am Vorabend einen Wunsch ausgesprochen: "Am liebsten wäre uns, das Priesterjahr würde nie enden." Für die Teilnehmer an dem Treffen scheint es auch kein wirklicher Abschluss zu sein: Der 32-jährige Diakon Giuseppe Falabella wird in wenigen Tagen vom Papst zum Priester geweiht, der Amerikaner Joshua Schmitz muss noch mindestens fünf Jahre in Rom studieren, bis es bei ihm soweit ist. Eine Gruppe Priester aus der südbrasilianischen Millionenstadt Curitiba macht sich nach dem Gottesdienst auf ihren weiteren Weg: Aus der Ewigen Stadt soll es nun für zwei Wochen in das Heilige Land gehen, nach Israel, wo der christliche Glaube seinen Anfang nahm.

Agathe Lukassek (KNA)