Das Rennen der Demokraten bei den Präsidentschafts-Vorwahlen in den USA ist wieder offen

Kurz vor dem K.o. kehrt Clinton zurück

Hillary Clinton trug Feuerrot, als sie nach ihrem Vorwahlsieg über Barack Obama in Ohio vor ihre Anhänger trat. Die aggressive Farbwahl in Columbus, der Hauptstadt des Industrie- und Bergbaustaates, zeigte das zurückgewonnene Selbstbewusstsein, das Clinton in diesem Augenblick ausstrahlte. Ihre Kandidatur hatte vor den Entscheidungen in vier US-Staaten am Dienstag auf der Kippe gestanden. Mit ihren Siegen in Ohio, Rhode Island und Texas brach Clinton jedoch die Siegesserie von Obama und katapultierte sich in das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten zurück.

Autor/in:
Heiko Thompson
 (DR)

"Man hat mich angezählt, aber ich habe mich geweigert, K.o. zu gehen", rief sie strahlend ihren jubelnden Wahlkämpfern und Fans aus Ohio zu.

Kurze Zeit später erschien Barack Obama in San Antonio, Texas, vor einer Versammlung demokratischer Wahlkämpfer - und hielt ebenfalls eine Siegesrede, obwohl er nur in Vermont gewann. Clinton habe zwar in drei Staaten die Mehrheit erzielt: In Ohio mit 55 Prozent der Wählerstimmen, in Rhode Island mit 58 Prozent und in Texas mit 51 Prozent. Sein Vorsprung bei der Delegiertenzahl für den demokratischen Wahlparteitag aber, das betonte Obama, sei auch nach den Vorwahlen vom Dienstag kaum geschrumpft: Nach vorläufiger Auszählung kommt er insgesamt auf 1434 Delegiertenstimmen, während es Clinton nach der Dienstagswahl auf 1357 brachte.

"Wir sind auf dem Weg, die Nominierung der demokratischen Partei zu gewinnen", deklarierte Obama und kündigte an, sich in den nächsten Wochen statt wie bislang mit seiner Gegnerin in der eigenen Partei nun mit dem republikanischen Kandidaten John McCain zu beschäftigen. Der hatte sich nämlich am Dienstag mit Siegen in allen vier Staaten endgültig die Nominierung seiner Partei gesichert. McCains einziger ernsthafter verbleibender republikanischer Gegner, Mike Huckabee, zog sich noch am Abend aus dem Wahlkampf zurück.

Sich schon jetzt als designierter demokratischer Präsidentschaftskandidat zu fühlen, dürfte von Barack Obama allerdings ein wenig voreilig gewesen sein. Denn das Comeback von Hillary Clinton am Dienstag könnte durchaus ein Zeichen dafür sein, dass sich nach elf aufeinanderfolgenden Siegen von Obama im demokratischen Lager das Klima wandelt. Dafür sprechen nicht zuletzt die Umfrageergebnisse unter den Wählern, die kurz vor dem Termin am Dienstag noch unentschieden waren. Die Wechselwähler hatten sich in großer Mehrheit in den letzten Tagen von Hillary Clinton überzeugen lassen: Im bevölkerungsreichsten unter den Wahlstaaten vom Dienstag, Texas etwa, waren es 63 Prozent.

Der Wetterumschwung in der demokratischen Partei ist wohl vor allem auf Anschuldigungen zurückzuführen, die Hillary Clintons Kampagne in den letzten Tagen gegen Barack Obama vorgebracht hat. Dazu gehört das Aufdecken von Obamas Verbindung zu dem Chicagoer Geschäftsmann Tony Rezko, der derzeit wegen Bestechungsvorwürfen vor Gericht steht.

Schädlicher noch waren jedoch die Vorwürfe, Mitarbeiter von Barack Obama hätten heimlich die kanadische Regierung beschwichtigt, Obama meine es nicht so ernst mit seiner öffentlichen Gegnerschaft gegen des nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA. Der Obama-Mitarbeiter soll der kanadischen Botschaft in Chicago versichert haben, dass sich Obama nur zu Wahlkampfzwecken gegen NAFTA stelle. Im Falle seiner Wahl werde er jedoch das Abkommen ehren.

Nach Ansicht vieler amerikanischen Medien war es Obama nicht gelungen, diese Behauptungen zweifelsfrei zu entkräften. In jedem Fall bleiben sowohl Clinton als auch Obama im Rennen. Beiden Kandidaten fehlen zu den 2025 geforderten Delegiertenstimmen noch mehr als 500. Experten glauben nun, das die Entscheidung frühestens am 22. April bei der Vorwahl in Pennsylvania fällt. Der frühere Berater von Präsident Bill Clinton, David Gergen, meint sogar, dass sich der demokratische Vorwahlkampf bis in den Juni hinziehen könnte, wenn im US-Territorium Puerto Rico gewählt wird.

Diese anhaltende Zerstrittenheit der Demokraten könnte indes der republikanischen Partei in die Hände spielen. So gab John McCain am Dienstag bekannt, dass er sich ab sofort voll auf seine nationale Kampagne und die großen Themen des Landes konzentrieren werde, anstatt sich wie seine Gegner mit einem "unzivilisierten Gebalge um Macht" aufzuhalten. Diesen schädlichen Eindruck eines kleinlichen und eigensinnigen Gezänks zu vermeiden, wird für Clinton und Obama wohl in den kommenden Wochen die große Herausforderung sein.