Das ZDF zeigt einen Sechsteiler über die "Borgia"-Dynastie

Denver-Clan der Renaissance

Knapp 160 Liter Filmblut werden ab Montag vor den Augen der ZDF-Zuschauer vergossen: Die internationale Produktion "Borgia" dreht sich um eine der schillerndsten Dynastien der europäischen Geschichte. Und eines der dunkelsten Kapitel der Kirche.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
 (DR)

Machtgier und Mordlust, Eitelkeit und Eifersucht, Inzest und Intrige - kaum eine Todsünde, die man der spanisch-italienischen Adelsfamilie, die im 15. Jahrhundert zwei Päpste hervorbrachte, nicht nachsagt. Jetzt zeigt das Zweite die sechs Teile der 25 Millionen-Euro-Saga .



Mehr als 130 Darsteller aus 18 Ländern spielen in Europas teuerster TV-Produktion rund um Rodrigo Borgia (John Doman), der 1492 als Alexander VI. den Stuhl Petri bestieg. Rodrigos geschickte politische Ränke, die ihn und seine unehelichen Kinder zu Macht und Einfluss führen, sind in opulenten Kulissen vor allem in Prag gedreht. Genauso wenig wie an prächtiger Ausstattung sparten die Macher um Drehbuchautor Tom Fontana und Regisseur Oliver Hirschbiegel an deftigen Sex- und Gewaltszenen. Ein todkranker Papst Innozenz VIII. (Udo Kier), der zur Kräftigung Milch aus den Brüsten einer Amme saugt, eine Hexe, die Fieberkranke mit Schweinekot einreibt und der nach dem Tod einer Patientin zur Strafe das Genick gebrochen wird, außerdem Folter und Kopulation, wohin das Auge blickt. Und Rodrigo, der seine Söhne nach Belieben zu Kardinälen, Generälen oder Grafen macht und Lucrezias Gatten nach Einfluss auswählt, entspricht so gar nicht dem Bild eines Gottesmannes.



"Die Kirche nicht in ein schlechtes Licht rücken"

"Ich hoffe nicht", unterstreicht denn auch Regisseur Hirschbiegel, "dass der Eindruck entsteht, wir wollten die katholische Kirche in ein schlechtes Licht rücken". Die Menschen damals seien tief gläubig gewesen, teils bis zum Aberglauben. "Abgesehen davon haben sie natürlich Dinge getan, die absolut nicht kongruent laufen zu dem, was in der Bibel steht." Insofern erzähle "Borgia", wie viel Kraft, Sicherheit und Geborgenheit der Glaube den Menschen geben könne - damals wie heute, meint der Regisseur.



Und Andrea Sawatzki, die Lucrezias Erzieherin Adriana de Mila spielt, betont, sie habe "ein sehr gutes Gefühl" im Hinblick auf die Akzeptanz von "Borgia" in Deutschland, denn eine Serie, die sich mit einer anderen Zeit beschäftigt und trotzdem nicht in den Kitsch abrutscht, sei in Deutschland noch nie gezeigt worden. "Es ist keine Schmonzette, sondern von hoher Qualität", ist die Schauspielerin überzeugt.



Historische Klarheit folgt

Der US-amerikanische Drehbuchautor Tom Fontana verweist auf die historischen Quellen, die er nach bestem Wissen genutzt habe, allen voran die Tagebücher (Liber notarum) des Päpstlichen Zeremonienmeisters Johannes Burckard (um 1450-1506). Doch auch diese taugen nur bedingt als glaubwürdiges Zeugnis, da sie zum Teil später von fremder Hand geändert wurden. "Die gleiche Art von Klatsch, Lüge und Wahrheitsverdrehung ist - leider - leicht zu glauben, und ist auch heute an der Tagesordnung", meint Fontana. Von seinen guten Absichten gegenüber der Kirche habe er auch den Bischof von Prag überzeugen können, so dass dieser dem Team Drehgenehmigungen für mehrere Kirchen gegeben habe. "Wir leben in einer Zeit der Angst und Extreme, und vielleicht ist es tröstlich und aufschlussreich für uns zu sehen, wie Menschen in früheren Zeiten mit Krisen, Zweifel und Angst umgingen", meint Fontana.



Ein wenig historische Klarheit soll die Dokumentation "Der Fall Borgia" am Mittwoch (19. Oktober) um 22.15 Uhr bringen. Die Redaktion vertiefe die "kraftvollen Bilder des wunderbaren Sittengemäldes" mit Experten und Fakten, sagt Alexander Hesse, Leiter der ZDF-Redaktion Geschichte und Gesellschaft. Unter anderem geschieht das mit Hilfe von Fernando Borja Rivero aus Chile. Die schwarze Legende über den Namen Borgia rund um Mord, Orgien, Sex und Korruption sei für ihn nicht von Bedeutung, sagt der Historiker, ein Abkömmling der Borgias. "Ich denke, dass der Borgia-Papst Alexander VI. wichtigere Dinge getan hat, und in meiner Familie sind wir alle stolz auf diesen Vorfahren." Ab Montag kann sich der Fernsehzuschauer dazu selbst ein Bild machen.