Wortführer konservativer Gruppen verteidigen Präsident Trump. Das 1956 als Stimme des evangelikalen Christentums gegründete Magazin "Christianity Today" habe sich nach links bewegt, klagte der Baptistenprediger Franklin Graham, Sohn des 2018 verstorbenen Zeitschriftengründers Billy Graham. Es repräsentiere den "elitären liberalen Flügel" der evangelikalen Christenheit.
Chefredakteur: Trump moralisch verloren und verwirrt
"Christianity Today"-Chefredakteur Mark Galli hatte in einem Editorial am Donnerstag geschrieben, Trump habe gegen die US-Verfassung verstoßen. Der US-Präsident habe einen ausländischen Staatschef zu Ermittlungen gegen einen seiner Rivalen bewegen wollen.
Trumps Twitter-Nachrichten mit "Entstellungen, Lügen und Beleidigungen" zeigten ein "geradezu perfektes Beispiel" für einen Menschen, der moralisch verloren und verwirrt sei. Trump wies die Kritik auf Twitter umgehend zurück und betonte, dass kein anderer Präsident mehr für Evangelikale getan habe als er.
Das Editorial erregte Aufsehen, denn weiße evangelikale Christen gelten als feste Verbündete von Donald Trump. Laut einer kürzlichen Umfrage des "Public Religion Research Institute" sind 77 Prozent der weißen Evangelikalen mit Trumps Amtsführung zufrieden. Noch nie habe sich ein Präsident so stark gegen Abtreibung und für Religionsfreiheit eingesetzt wie Trump, lobte der texanische Megakirchenpastor Robert Jeffress. Fernsehpredigerin Paula White schrieb auf Twitter, die "sehr große" Mehrheit Evangelikaler sei nicht einverstanden mit dem Editorial.
Repräsentantenhaus stimmte für Amtenthebung
US-Medienberichten zufolge erklärte Galli, "Christianity Today" habe nach dem Editorial Spenden bekommen und neue Abonnenten. Wenn es um die Beurteilung von politischer Führung und Charakter gehe, sei das Magazin "sehr beständig", betonte Galli. 1998 sei auch der damalige Präsident Bill Clinton während seines Impeachments kritisiert worden.
Das US-Repräsentantenhaus hatte diese Woche für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump wegen Machtmissbrauchs und Behinderungen von Kongressermittlungen gestimmt. Trump wird vorgeworfen, er habe den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskij zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden gedrängt.
Trump selbst hat zu Beginn der Debatte im US-Kongress über das Amtsenthebungsverfahren seine 46 Millionen Anhänger via Twitter zum Gebet aufgefordert. Unterdessen bat der Kongressgeistliche um Segen für die Abgeordneten. Er habe "nichts falsch gemacht", schrieb er in Großbuchstaben. So etwas dürfe keinem US-Präsidenten widerfahren. Der offizielle Kongressgeistliche, der Jesuit Peter Conroy, bat zum Auftakt der Impeachment-Debatte um Gottes Segen für die Abgeordneten.
USA-Experte: "Ihm wird nichts passieren"
Im Interview mit DOMRADIO.DE räumte der Jesuitenpater und USA-Experte Godehard Brüntrup dem Verfahren keine Erfolgschancen ein. "Ihm wird gar nichts passieren, das Ganze ist ein Theaterdonner. Jeder weiß das", so Brüntrup. "Noch niemals war ein Impeachment erfolgreich, auch bei den beiden bisherigen Verfahren bei Richard Nixon und Bill Clinton nicht. Und bei den beiden hatten immerhin Gerichte festgestellt, dass sie Straftaten begangen hatten."
Zur Rolle der Kirche stellte der USA- Experte weiter fest: "Die Kirche kann dazu im Moment eigentlich qua Kirche nichts beitragen. Allerdings sind die Katholiken in den letzten Wahlen immer wahlentscheidend gewesen. Man konnte immer sagen: Derjenige, der die Mehrheit der Katholiken hat, der gewinnt auch die Wahl. Insofern sind die Katholiken auch für Trump eine entscheidende Gruppe, und er hat das letzte Mal, bei der letzten Wahl die Mehrheit gehabt."