Angesichts der von Saudi-Arabien eingestandenen Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi fordern mehrere Politiker einen Stopp aller Rüstungsexporte. Darüber zeichnet sich ein Streit innerhalb der Bundesregierung ab. "Solange diese Untersuchungen andauern, solange wir nicht wissen, was da geschehen ist, gibt es keine Grundlage, auf der positive Entscheidungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien zu treffen sind", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Samstag in den "Tagesthemen".
Das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium reagierte zurückhaltend. "Die deutsche Rüstungsexportpolitik ist schon jetzt sehr restriktiv, insbesondere gegenüber Staaten, die unmittelbar am Jemen-Konflikt beteiligt sind", sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Sonntag den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die EU solle mit Blick auf mögliche Konsequenzen eine gemeinsame Haltung festlegen. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte sich dafür ausgesprochen, angesichts des Mordfalls Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien aktuell nicht zu genehmigen.
Erklärung der Saudis wenig glaubhaft
Die Sprecherin Altmaiers forderte von Riad vollständige Aufklärung des Falls. "Die bisherigen Erklärungen sind widersprüchlich und reichen nicht aus", sagte sie.
Riad hatte nach wochenlangem Leugnen und auf massiven internationalen Druck hin mitgeteilt, der saudische Journalist und Regimekritiker Jamal Khashoggi sei Anfang Oktober bei einem Kampf im saudischen Konsulat in Istanbul ums Leben gekommen. Nach Darstellung der autoritären Staatsführung kam er bei einer Schlägerei im Istanbuler Konsulat von Saudi-Arabien ums Leben. Experten halten die Darstellung türkischer Medien für wahrscheinlicher, wonach Khashoggi brutal ermordet worden sei.
Der kritische Journalist, der im Exil in den USA lebte, war am 02. Oktober in das saudische Konsulat gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seitdem wurde er vermisst.
Debatte um Stopp der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien
Aktuell geht es vor allem um die Lieferung von acht Patrouillenbooten nach Saudi-Arabien, die Altmaier im Frühjahr genehmigt hatte. Sein Amtsvorgänger Sigmar Gabriel hatte solche Exporte zunächst kritisch gesehen, dann aber zugestimmt. Im deutschlandfunk betonte Gabriel, dass Kontakt ein Form von Rüstungsexporten unabdinglich seien. Seine Begründung: Das saudische Regime stelle – anders als in der Vergangenheit – kein Geld mehr für Terroristen bereit: "Der jetzige Kronprinz, der zu Recht für seine Außenpolitik und auch für diesen offensichtlichen Auftragsmord in der Türkei zur Verantwortung gezogen werden soll, ist allerdings auch jemand, der genau diese Terrorfinanzierung gestoppt hat, der salafistische Moscheegemeinden nicht mehr finanziert hat."
Das führe dazu, so Gabriel, "dass man gelegentlich sagt, okay, wenn es Rüstungsgüter sind, die nicht im Krieg eingesetzt werden können, zum Beispiel Patrouillenboote für den Grenzschutz, dann stimmen wir zu." Gewehere, Raketen oder Panzer, dürften nicht geliefert werden, wenn diese dazu eingesetzt würden, Nachbarländer zu bedrohen.
Diskussion um Konsequenzen
Gemeinsam mit der Bundeskanzlerin hatte Maas am Samstag eine Erklärung veröffentlicht, wonach Deutschland Transparenz bei der Aufklärung des Todes von Kashoggi erwatte. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen verlangte dagegen konkrete Taten: In der "Welt am Sonntag" forderte er die Ausweisung saudischer Diplomaten. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, sprach sich zudem unter genauen Voraussetzungen für einen Stopp aller Waffenlieferungen aus, "auch der bereits zugesagten".
Die Bundesregierung solle "mit den Partnern in der EU und der Nato koordinieren, dass auch diplomatisch abgestimmte Schritte wie die Ausweisung von Botschaftsangehörigen beschlossen werden, falls Saudi-Arabien nicht umfassende Konsequenzen zieht".
Auch der FDP-Entwicklungspolitiker Olaf in der Beek verlangte in der Zeitung einen Stopp aller Rüstungsexporte nach Riad: "In der Beziehung zu Saudi-Arabien darf nun, nachdem ein paar mögliche Sündenböcke verhaftet worden sein sollen, nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergegangen werden."