Ein Vorfall bei der Christmette im Freiburger Münster hat an den Weihnachtstagen eine Debatte ausgelöst. Nach einem Lied der Domsingknaben gegen Ende des Gottesdienstes brandete laut einem Medienbericht ein fünfminütiger Applaus auf - aus Solidarität mit dem Dirigenten, Domkapellmeister Boris Böhmann. Ihm hatte die Kirche zu Ende Februar gekündigt. Erzbischof Stephan Burger konnte die Feier erst nach längerer Unterbrechung beenden. Ein katholischer Fernsehsender unterbrach Medienberichten zufolge die Übertragung.
Nach dem Vorfall entspann sich eine Debatte: Die Erzdiözese sprach von einem Protest "zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort". Am Donnerstagabend hieß es in einem Offenen Brief der Elternvertreter der Freiburger Domsingknaben, dass der Applaus keineswegs eine "mutwillige Störung" gewesen sei. Vielmehr habe es sich um eine Anerkennung der musikalischen Leistung und der Arbeit von Böhmann gehandelt. "Dass der Livestream kurz darauf abgebrochen und diese Würdigung als 'mutwillige Störung' bezeichnet wurde, vermittelt leider den Eindruck, berechtigte Anteilnahme sollte unterdrückt werden." Die Rede ist von einem Affront. In dem Brief wird auch die Rücknahme der Kündigung "als klares Signal eines Neubeginn" gefordert.
Laut "Badischer Zeitung" waren bereits vor dem Gottesdienst Flugblätter verteilt worden mit einem QR-Code, der zu einer Petition für Böhmann führt. Darin wird das Domkapitel aufgefordert, die Kündigung zurückzunehmen. Als Erzbischof Burger in der Christmette den Schlusssegen erteilen wollte, war dem Bericht zufolge Gelächter zu hören. Nach der Messfeier habe es noch einmal Applaus und Sprechchöre für Böhmann gegeben.
Keine Angaben zu Gründen der Kündigung
Die von dem 60-Jährigen geleiteten vier Chöre am Dom kämpfen für den Verbleib des Kirchenmusikers, der seit 2003 Domkapellmeister in Freiburg ist. Sie kritisieren, dass sie weder vom Erzbischof noch vom Domkapitel zu der Entlassung gehört worden seien.
Ein Sprecher des Erzbistums sagte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), es sei nachvollziehbar, dass nach der Kündigung eines langjährigen Chorleiters Unruhe unter den Mitgliedern der Dommusik entstehe. Aufgrund von Daten- und Persönlichkeitsschutz dürften die einzelnen Gründe aber nicht öffentlich dargelegt werden. "Dies hat leider zu einer Schräglage in der Debatte geführt."
Mehrere arbeitsgerichtliche Verfahren
Die Kündigung hat laut dem Sprecher eine lange Vorgeschichte. "In der Domsingschule herrschten zahlreiche Konflikte. Es gab immer wieder Versuche von Schlichtungen, die aber allesamt scheiterten." Die
Entscheidung habe sich niemand leicht gemacht, aber sei der letzte Ausweg gewesen. Die Gründe für die Kündigung seien in mehreren arbeitsgerichtlichen Verfahren erörtert worden.
Die Erzdiözese kritisierte die wiederholte Störung des Gottesdienstes als ungeeignete Protestform. "Viele Besucherinnen und Besucher, die mit dem Konflikt nichts zu tun haben, wurden damit mutwillig in eine Auseinandersetzung hineingezogen", sagte der Sprecher. Konflikte und Meinungsverschiedenheiten ließen sich nicht auf diese Weise lösen. "Die Situation macht umso mehr deutlich, dass ein Neuanfang in der Leitung der Dommusik dringend geboten ist", so der Sprecher. Eine Klage Böhmanns gegen die Kündigung hatte das Arbeitsgericht Freiburg abgewiesen. Der Richterspruch ist aber bislang nicht rechtskräftig.
Neuer Freiburger Domkapellmeister ab Frühjahr gesucht
Die Stelle des Domkapellmeisters in Freiburg soll nun neu besetzt werden - und die Bewerbersuche laut Erzbistum im Frühjahr starten. "Die Ausschreibung kann frühestens nach dem 1. März 2025 veröffentlicht werden", teilte ein Sprecher der Diözese am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit.
Er bestätigte außerdem, dass es dafür bereits erste Kontakte zu vergleichbaren Einrichtungen in Deutschland gegeben habe. Es ging dabei etwa darum, "Kriterien und Standards einer Domsingschule zu benennen", wie der Sprecher sagte. "Dabei helfen die fachliche Expertise und der Austausch mit dem Amt für Kirchenmusik in Freiburg." Eine Rücknahme der Trennung von Domkapellmeister Boris Böhmann ist offenbar weiterhin keine Option: "Die Kündigung bleibt zu Ende Februar wirksam."