Die Deutschen sind doch noch Weltmeister - im Honigverzehr. Gut zwei Gläser Honig verspeist jeder Bundesbürger pro Jahr. Auch das Image der Bienen hat sich gewandelt: von einem nützlichen Insekt, das im schlechtesten Fall mit Wespen verwechselt wurde, zu einem heimlichen Lieblingstier.
Gedenktag des heiligen Ambrosius
Das weltweite Sterben dieser Tiere ist Thema. Nicht nur am Internationalen Tag des Honigs, der an diesem Freitag begangen wird. Hintergrund ist der Gedenktag des heiligen Ambrosius, des Schutzpatrons der Bienen und Imker.
Die Imkerei gibt es, seitdem die Menschen sesshaft geworden sind. Über Jahrtausende standen dabei die Honig- und Wachsgewinnung im Vordergrund. Seit 2007 beobachtet der Deutsche Imkerbund ein verstärktes Interesse an der Freizeitbeschäftigung. "Damals gab es viele Berichte über hohe Bienenverluste in den USA", erklärt Sprecherin Petra Friedrich. "Das hat die Menschen sehr sensibilisiert." Auch eine allgemeine Begeisterung für Naturthemen und Freizeitaktivitäten im Freien passten gut zum Imkertrend.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, sieht noch eine weitere Ursache für die erhöhte Aufmerksamkeit: Schon seit Jahrzehnten seien die Insektenzahlen in der Agrarlandschaft rückläufig. Aber: "Erst, als die Medien daraus ein 'Insektensterben' machten, wurde eine breite Öffentlichkeit darauf aufmerksam." Plakative Bilder und anrührende Geschichten haben es leichter als abstrakte, schleichende Entwicklungen.
Dazu passt, dass sich der Fokus der Öffentlichkeit auf die Honigbiene richte, meint Jessel. Dabei seien nicht nur Bestäuber von Bedeutung, "sondern die Gesamtheit der Insekten. Insekten sind auch wichtig für das Bodenleben, für die Zersetzung von Boden zu Humus, oder für die Gewässerreinigung."
Bienensterben nicht unumstritten
In der Forschung ist das Bienensterben nicht unumstritten. Manche Experten warnen, dass die Honigbiene in wenigen Jahren ausgestorben sein könnte - mit drastischen Folgen für den Anbau von Obst und Gemüse und damit für die Wirtschaft. Dokumentarfilme wie "More than Honey" (2012) oder der Roman-Bestseller "Die Geschichte der Bienen" (2017) festigten die Beliebtheit der Biene weiter.
Inzwischen mahnen zahlreiche Wissenschaftler zu einer differenzierten Debatte. Übertriebene Darstellungen schadeten dem eigentlichen Anliegen, sagte etwa der Neurobiologe Randolf Menzel kürzlich der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". In der Landwirtschaft tobe ein "dramatischer Vernichtungskrieg gegen alle Wildtiere" - nicht nur die Bienen. Es brauche ein grundsätzliches Umdenken.
Der Mensch gehe beim Umweltschutz zu sehr von sich selbst aus, bemängelt der Artenschützer Peter Berthold. Wichtig sei, menschliche Interessen einmal zurückzustellen, erklärte er unlängst in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Niemand könne einfach sagen: "Wenn ich saubere Lebensmittel habe, ist alles okay. Die sauberen Lebensmittel kriege ich derzeit von einem Acker, der so steril ist, dass dort alles andere ausstirbt."
Debatte auf politischer Ebene
Die Debatte um Monokulturen und den Einsatz von Chemikalien wird auch auf politischer Ebene geführt. Zuletzt forderte die Gewerkschaft IG Bau ein Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat - "wenn wir in Zukunft überhaupt noch heimischen Honig essen wollen".
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) wollen den Einsatz des Pestizids zwar beide reduzieren, eine Einigung innerhalb der Bundesregierung steht aber bislang aus. Ein Aktionsprogramm Insektenschutz des Bundes soll im kommenden Sommer starten.
Bis dahin verweisen Naturschützer auf die Dinge, die jeder Einzelne tun kann, etwa regional einkaufen, Abfälle vermeiden und den Garten oder Balkon insektenfreundlich gestalten. Wer speziell Insekten helfen möchte, kann etwa Blumen auf dem Rasen nicht sofort abmähen, chemische Pflanzenschutzmittel meiden, hohle Stängel und Baumscheiben als Nisthilfen anbieten. Das hilft nicht nur Honig-, sondern auch Wildbienen: Von den rund 560 Arten, die es in Deutschland einmal gab, ist inzwischen die Hälfte bedroht oder bereits ausgestorben.