Demonstration gegen Lockerung der spanischen Abtreibungsgesetze

"No"

Vierzig Bürgerinitiativen, sechshundert Reisebusse, zwei Millionen Menschen: Es war die erwartete riesige Massenkundgebung, mit der Gegner der geplanten Liberalisierung der Abtreibungsgesetze am Samstag "No" sagten zu den Plänen ihrer Regierung. "Jedes Leben ist wichtig", so nennt sich ein Aktionsbündnis von mehr als drei Dutzend Vereinigungen, die gemeinsam zum Protest aufriefen.

Autor/in:
Manuel Meyer
 (DR)

Aus ganz Spanien reisten die Menschen an und verwandelten Madrid in eine "Hauptstadt des Lebens".

Ignacio Garcia, Koordinator der Versammlung, und seine Mitstreiter wollten der Regierung von Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero deutlich machen, dass deren Pläne auf breite Ablehnung stoßen. Ende September nämlich hatte das Kabinett eine Gesetzesvorlage gebilligt, die eine deutliche Lockerung des Abtreibungsrechts in Spanien vorsieht. Schwangerschaftsabbrüche sollen dann bis zur 14. Woche straffrei bleiben, bei gesundheitlichen Gefahren für die Frau oder schweren Missbildungen des Fötus sogar bis zur 22. Woche - und auch später soll mit Einverständnis eines Ärztekomitees ein Abtreibung möglich sein.

Besonders umstritten ist, dass der Vorlage zufolge minderjährige Mädchen ab 16 Jahren ohne Wissen und Einverständnis ihrer Eltern abtreiben lassen dürfen. Dem Vorhaben muss nun noch das Parlament mit absoluter Mehrheit zustimmen. "Wir wissen, dass die Frauen unter einem Schwangerschaftsabbruch enorm leiden", sagt Benigno Blanco, Präsident des spanischen Familienforums, das am Samstag in Madrid mit auf die Straße gehen wird. "Wie können wir minderjährige Mädchen mit solch einer Belastung alleine lassen, wie es das neue Gesetz vorsieht?"

Abtreibungen in Spanien sind noch grundsätzlich verboten
Sollte der Gesetzentwurf im Winter oder spätestens im kommenden Frühjahr vom Parlament beschlossen werden, wird Spanien eines der liberalsten Abtreibungsrechte der Welt haben. Das geplante "Gesetz über Sexual- und Fortpflanzungsgesundheit" würde den Zugang zur Abtreibung sogar kostenlos gewähren und außerdem das Recht von Ärzten und Krankenschwestern beschneiden, aus Gewissensgründen nicht an einer Abtreibung teilzunehmen.

Momentan gelten noch die Gesetze von 1985; Abtreibungen in Spanien sind grundsätzlich verboten. Die Regelung gestattet nur drei Ausnahmefälle: Vergewaltigung, Missbildung des Fötus sowie eine Gefährdung der physischen oder psychischen Gesundheit der werdenden Mutter. Gewöhnlich haben abtreibungswillige Frauen in Spanien in den vergangenen Jahren kein Problem gehabt, sich einen Ausnahmefall bescheinigen zu lassen - und so verdoppelte sich in der vergangenen Dekade die jährliche Zahl der Abtreibungen: 122.000 Schwangerschaftsabbrüche wurden im Jahr 2008 gezählt - mehr als in Deutschland, bei nur gut halb so vielen Einwohnern.

"Ein Volk, das seine eigenen Kinder tötet, ist ein Volk ohne Zukunft"
Demonstrations-Koordinator Garcia glaubt selbst nicht, dass sich Zapatero durch die Kundgebung von der Lockerung der Abtreibungsgesetze abbringen lassen wird: "Aber er soll wissen, dass er es gegen den Wunsch der meisten Spanier macht." Die Protestversammlung solle auch ein klares Signal an die konservative Opposition sein, sich vehementer gegen die Abtreibung zu stellen.

"Ein Volk, das seine eigenen Kinder tötet, ist ein Volk ohne Zukunft". So verurteilte die Spanische Bischofskonferenz in der vergangenen Woche die geplante Liberalisierung des spanischen Abtreibungsrechts und rief alle Katholiken in Spanien auf, sich an der Kundgebung in Madrid zu beteiligen. Nach der Einführung der "Homo-Ehe", der Abschaffung des obligatorischen Religionsunterrichts sowie der Einführung sogenannter "Express"-Scheidungen gingen Spaniens Bischöfe in den vergangenen Jahren immer wieder auch selbst auf die Straße, um aktiv gegen die "kirchenfeindliche" Reformpolitik der Regierung zu protestieren.