In Rom herrscht eine frostige Atmosphäre Ende Februar 1878. In der Sixtinischen Kapelle haben sich die Kardinäle zum Konklave versammelt, um einen neuen Papst zu wählen. Die Fenster der Kapelle werden vernagelt, damit die Geheimhaltung gewahrt bleibt. Leiter des Konklaves ist der Kämmerer Kardinal Pecci, ein promovierter Theologe und Kirchenrechtler. Ungewöhnlich, aber im dritten Wahlgang wird er selbst zum Papst erkoren.
Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit hält man den neuen Papst Leo Xlll. zunächst für einen Übergangs-Papst. Doch am Ende wird sein Pontifikat ganze 25 Jahre dauern. Eine lange Zeit, in der Papst Leo selbst einige Kurswechsel vornimmt. Zunächst als eher rückwärtsgewandt wahrgenommen lässt er wieder Kirchen im gotischen Stil bauen und kämpft gegen den schleichenden Machtverlust der Kirche an. Dann aber öffnet er sich der Wissenschaft, gibt die Sternwarte in Castel Gandolfo in Auftrag und macht die vatikanischen Archive allgemein zugänglich. Als Medien-Papst geht er in die Geschichte ein, weil er auf einer der ersten Filmaufnahmen zu sehen ist und sich mit seinem Ave Maria als erster Papst auf einer Tonaufnahme verewigt.
Im Jahre 1891 verschickt Papst Leo XIII. seine Gedanken über soziale Gerechtigkeit an seine Bischöfe. "Rerum novarum", die erste Sozialenzyklika, legt den Grundstein für die katholische Soziallehre.
"Was den Menschen adelt und ihn zu der ihm eigenen Würde erhebt, das ist der vernünftige Geist. Dieser verleiht ihm seinen Charakter als Mensch und trennt ihn seiner ganzen Wesenheit nach vom Tiere. Eben weil er aber mit Vernunft ausgestattet ist, sind ihm irdischen Güter nicht zum bloßen Gebrauche anheimgegeben, wie dem Tiere, sondern er hat persönliches Besitzrecht. Besitzrecht nicht bloß auf Dinge, die beim Gebrauch verzehrt werden, sondern auch auf solche, welche in und nach dem Gebrauche bestehen bleiben."
Das Haupt der katholischen Kirche verurteilt sozialistische Vorstellungen von Gemeinschaftseigentum, das zu Lasten von selbst erarbeiteten Vermögen geht. Mit seinen Gedanken will Leo der gebeutelten Arbeiterklasse den Rücken stärken, die zu dieser Zeit zum Verzicht gedrängt wird - von der Politik und auch von den Arbeitgebern.
"Im Allgemeinen ist in Bezug auf den Lohn wohl zu beachten, dass es wider göttliches und menschliches Gesetz geht, Notleidende zu drücken und auszubeuten, um des eigenen Vorteils Willen. Dem Arbeiter den ihm gebührenden Verdienst vorzuenthalten, ist eine Sünde, die zum Himmel schreit."
Sein Geburtstag ist der zweite März 1810. Papst Leo XIII. trägt die Beinamen "der Soziale" und "der Arbeiterpapst".
Ein Anno Domini von Daniel Hauser