Seinen 80. Geburtstag feiert der deutschen Kurienkardinal Walter Kasper in der Zeit der Sedisvakanz. Fünf Tage nach dem Amtsverzicht von Benedikt XVI. vollendet der langjährige vatikanische Ökumene-Minister am Dienstag sein 80. Lebensjahr. Er kann damit als ältester Kardinal ins Konklave einziehen, da nach den geltenden Normen papstwahlberechtigt ist, wer zum Beginn der Sedisvakanz das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Als einer der führenden Theologen im Kirchensenat, als vielseitig erfahrener Wissenschaftler, Seelsorger und Kirchenfunktionär dürfte er sich maßgeblich an den Beratungen der Wahlmänner beteiligen.
Elf Jahre lang hat der langjährige Dogmatikprofessor und spätere Bischof von Rottenburg-Stuttgart den vatikanischen Einheitsrat geleitet. Er war enger Mitarbeiter von Johannes Paul II. und dann von Benedikt XVI. Durch seine Reisen zu Ökumene-Konferenzen sowie zu theologischen Vorträgen kennt er die Weltkirche wie wenige andere Kuriale. Zudem hat er viele Jahre lang die Linie der katholischen Kirche zum Judentum mitbestimmt - Aufgaben, die er seinem Nachfolger Kardinal Kurt Koch (62) in gute Hände weitergegeben hat.
Mit 31 Jahren Professor
Er sei dankbar, auf ein erfülltes langes Leben zurückschauen zu können, in dem ihm schwere Krankheiten oder große Unfälle erspart geblieben seien, sagte der Jubilar in einer Bilanz. Am 5. März 1933 im schwäbischen Heidenheim geboren und in Wangen/Allgäu als Lehrersohn aufgewachsen, erlebte er im Krieg die Zerstörung seines Dorfes.
Schon mit 31 Jahren war er Dogmatikprofessor in Münster; später wechselte er nach Tübingen. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt. 1989 ernannte ihn der Papst zum Bischof von Rottenburg Stuttgart - ein Amt, das er zehn Jahre lang bekleidete, bevor er 1999 nach Rom wechselte. Als eigenständiger Denker hatte sich Kasper freilich auch in den Jahrzehnten als Bischof und Kardinal gezeigt, etwa wenn er sich zum Dokument "Dominus Iesus" über das Kirchenverständnis äußerte. Manches hätte man vielleicht verständnisvoller formulieren können, lautet seine Meinung.
Als Präsident des Einheitsrates hat Kasper Fortschritte vor allem im Bereich der Ostkirchen, mit Orthodoxen und altorientalischen Kirchen erzielt. Aber auch im Kontakt mit den Kirchen der Reformation habe sich mehr getan als oft vermutet, so der Kardinal. Im Herbst 2009 präsentierte er mit dem Buch "Harvesting the fruits" (Die Früchte ernten) eine Bilanz von 40 Jahren Dialog mit Lutheranern, Reformierten, Anglikanern und Methodisten. In vielen Fragen bestünde heute Übereinstimmung; in anderen sei man sich näher gerückt. Zudem seien die trennenden Punkte klarer definiert. "Wir haben mehr erreicht, als wir uns vor 40 Jahren vorstellen oder erträumen konnten", sagt er, ohne die Schwierigkeiten auszublenden.
Einer der "Großwähler"
Nach seiner Pensionierung ging Kasper keineswegs in den Ruhestand. Er war weiter Mitglied in einer Handvoll vatikanischer Behörden, gesuchter Redner auf wissenschaftlichen Podien sowie bei Exerzitien und Priesterkursen. Er veröffentlichte theologische Beiträge und schrieb Bücher. "Als Priester und als Bischof ist man ja nie Pensionär."
Bei den am Montag gestarteten Generalkongregationen und im Konklave gilt Kasper als einer der "Großwähler". Für ihn ist es das zweite Konklave; sein Rat und seine Erfahrung dürften gefragt sein. Auch nach seinem 80. Geburtstag will Kasper zunächst in Rom bleiben. "Vielleicht ziehe ich noch mal um, wenn ich nicht mehr arbeiten kann", meinte er. Bis dahin möchte er, "solange mir der liebe Gott die geistige und physische Kraft gibt, noch etwas Nützliches für die Kirche tun".