Lukas stürmt auf seinen Vater zu. "Papa, Papa!" ruft der Dreijährige immer wieder. Martin W. fängt den Jungen mit offenen Armen auf, drückt ihn an sich, küsst ihn zärtlich auf die Wangen. "Seit vier Wochen freue ich mich auf diesen Tag", sagt der 53-Jährige und strahlt.
"Ich erlebe in Gesprächen mit den Häftlingen, wie sehr die Väter ihre Familien vermissen", sagt Pastoralreferent Michael Kutsch-Meyer. Er hat selbst zwei Kinder und weiß, wie wertvoll die Familienbande sind. Den Strafgefangenen signalisieren sie: "Es lohnt sich, für die Kinder etwas zu ändern."
Nur die Gitter an den Fenstern mit den farbenfrohen Vorhängen erinnern daran, dass der Besucherraum im Knast liegt. In einer Ecke türmen sich Spielzeug und Plüschtiere, auf den Tischchen stehen Material und Werkzeug für Basteleien bereit. Sechs Väter kommen jeweils in den Genuss des monatlichen Besuchs ihrer Kinder: 90 Minuten unbeschwertes Miteinander und ungeteilte Aufmerksamkeit. Lukas sitzt auf dem Schoß seines Papas und baut mit ihm ein Playmobil-Auto zusammen: "Wo kommt der Auspuff hin?" fragt Martin W. und führt die kleine Hand seines Sohnes an die richtige Stelle.
"Hauptsache, er vergisst mich nicht"
Zwischendurch naschen beide Schokolade. "Meine Frau will mich nicht sehen", bedauert Martin W. leise. Umso froher sei er, dass sie den Kleinen zu ihm lasse. "Ich bin Papa mit Leib und Seele." Die schlimmste Strafe seien nicht die neun Monate Haft wegen Betrugs, sondern "dass ich auf mein Kind verzichten muss". Der vierjährige Paul und sein Vater Alexander M. üben sich derweil im Malen. "Mir tut das sehr gut, meinen Buben zu sehen", freut sich der 30-jährige Häftling.
Paul begreift noch nicht, was es heißt, hinter Gittern zu sitzen. "Hauptsache, er vergisst mich nicht", schwingt eine Befürchtung in Alexander M."s Stimme mit. Neun Monate muss er noch absitzen: wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung. Behutsam streichelt er über Pauls Kopf. Seine Frau erwartet das vierte Kind: "Bei der Geburt kann ich nicht dabei sein", sagt er, während ihm die Tränen kommen.
"Die Vater-Kind-Gruppe soll keine Missionsveranstaltung werden", stellt Udo Bruha klar. Der evangelische Gefängnisseelsorger unterstützt seinen Kollegen Kutsch-Meyer. Die Gruppe könne nur ein "Familien stützender Baustein" sein. Kutsch-Meyer plant sogar noch "eine parallele Gruppe mit Müttern draußen". JVA-Leiter Hans Lang steht voll hinter diesen Bemühungen: "Es geht um Resozialisierung."
Der Regelbesuch dauert 45 Minuten
Die Vater-Kind-Gruppe in der JVA Bamberg wird von drei Ehrenamtlichen begleitet. "Es ist immer eine Frau dabei, um zum Beispiel die Kinder bei Bedarf auf die Toilette führen zu können", sagt Kutsch-Meyer. Die Häftlinge dürfen den verschlossenen Besucherraum nicht verlassen.
Inzwischen tummeln sich Väter mit ihren Söhnen auf dem Fußboden. Die einen türmen Bauklötze zur Ritterburg auf, die anderen veranstalten ein Rennen mit Spielzeugautos. Alina und ihr 51-jähriger Vater Christian K. konzentrieren sich aufs Schachspiel. "In dieser Zeit können wir unbeschwert miteinander umgehen, und ich kann genau auf die Bedürfnisse meiner Tochter eingehen", sagt der Häftling. In den sonst üblichen 45 Minuten eines Regelbesuches ginge das nicht. Da stünden vor allem die Probleme und Fragen der Ehefrau an und weniger die Sorgen des Kindes.
Für die elfjährige Alina ist es einfach "sehr schön, meinen Papa für mich zu haben". Sie findet es "ganz normal, Papa im Gefängnis zu besuchen". Bruha nickt: "Die Kinder gehen zum Vater und nicht zu dem Verbrecher, der im Gefängnis sitzt." Dann ist die Besuchszeit auch schon wieder vorbei.
In der JVA Bamberg gibt es eine Vater-Kind-Gruppe
Wenn Papa hinter Gittern sitzt
Zehntausende Männer sind in Deutschlands Gefängnissen, darunter viele Väter. Damit der Kontakt zu der Familie nicht abreißt, gibt es in der Bamberger Justizvollzugsanstalt eine Vater-Kind-Gruppe. Ins Leben gerufen hat sie der katholische Gefängnisseelsorger Michael Kutsch-Meyer.
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