Der Katholik Kretschmann wehrt sich gegen eine mittelmäßige Kirche

"Kirche und Staat arbeiten doch für dieselben Menschen"

Am Sonntag wurde in Stuttgart der "Bonifatiuspreis für missionarisches Handeln in Deutschland" verliehen. domradio.de hat mit dem Festredner, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, gesprochen.

 (DR)

domradio.de: Warum haben Sie im Zusammenhang mit der Kirche über das "Nest der Mittelmäßigkeit" gesprochen?

Kretschmann: Ich wollte einfach Papst Franziskus zitieren und sagen, die Kirche darf kein mittelmäßiges Nest sein, sondern sie muss raus in die Welt gehen, Gemeinschaften begründen, in diesem Fall natürlich eine katholische, christliche Gemeinschaft, und dazu wollte ich das Bonifatius-Werk weiter ermutigen und ihm aber auch danken für die vielen Initiativen, die es zu dieser Gemeinschaftsbildung einfach ins Werk setzt.

domradio.de: Sie haben in Ihrer Rede gesprochen vom "Haus für alle", das nicht zum Nest der Mittelmäßigkeit werden soll. Was glauben Sie, wie kann das gehen heutzutage?

Kretschmann: Es sind ja am Beispiel des Bonifatiuspreises sehr, sehr gute Modelle vorgestellt worden, wie da engagierte Katholiken einfach unter die Menschen gehen mit ganz unterschiedlichen Ideen, sie einfach kommen lassen. Wir sind heut eine missionarische Kirche, da kann man nicht warten bis die Leute einfach herkommen, sondern muss ihnen ein Angebot machen, die Tür aufmachen, das Fenster aufmachen, sie einladen, und dafür haben wir wunderbare Beispiele gesehen, wie das Menschen mit tollen Ideen machen.

domradio.de: Sie sind selbst gläubiger Katholik. Wie erleben Sie die Situation der deutschen Kirche zur Zeit?

Kretschmann: Zur Zeit ist es natürlich etwas schwierig wegen der Affäre um den Limburger Bischof, aber ansonsten nehme ich jedenfalls in meinem Bundesland immer noch als sehr frisch, sehr rüstig, sehr engagiert wahr und ich sehe immer die vielen Christen, die sich in den Kirchen zusammentun und sich engagiere. Sie sorgen immer für eine gute soziale Temperatur im Land. Und das ist das, was wir von der Politik her nur hochschätzen und würdigen können, immer wieder unseren Respekt dafür äußern können, für die vielen Menschen, die sich für andere engagieren. Das ist ja die ganz schlichte Botschaft des Evangeliums, die wird da in die Tat umgesetzt, das ist gut.

domradio.de: Sie sind Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg. Wie sehen Sie das Verhältnis von Politik und Kirche, von Politik und Religion in Deutschland?

Kretschmann: Ich sehe das als gut an. Die Politik und der freiheitliche Staat ist auf Kirche angewiesen, dass sie sich engagiert. Wir bieten ihr viele Möglichkeiten, wir haben ja eine kooperative Art der Trennung von Staat und Kirche, das heißt, wir haben zwar verschiedene Aufgaben, aber wir arbeiten doch für dieselben Menschen. Und aus diesem Geist heraus herrscht hier eine gute Partnerschaft in Deutschland zwischen Staat und Kirche.

Das Interview führte Matthias Friebe.


Quelle:
DR