Der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz ist 75

Wojtylas Nachlassverwalter

Kardinal Stanislaw Dziwisz, Erzbischof im polnischen Krakau und fast 39 Jahre Privatsekretär Johannes Pauls II. (1978-2005), ist 75 Jahre alt. Ein Porträt.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Krakau: Kardinal Stanislaw Dziwisz beim Einzug in das Heiligtum der göttlichen Barmherzigkeit (KNA)
Krakau: Kardinal Stanislaw Dziwisz beim Einzug in das Heiligtum der göttlichen Barmherzigkeit / ( KNA )

Es gibt wohl kaum jemanden in der katholischen Kirche, der so ausschließlich von einem anderen abhängig ist, wie das für den päpstlichen Privatsekretär zutrifft. Der Mann an der Seite des Heiligen Vaters steht völlig in dessen Schatten. In aller Schärfe zeigt sich das, wenn ein Papst stirbt. Diese Erfahrung hat Stanislaw Dziwisz nach dem 2. April 2005 gemacht, als sein Mentor und Dienstherr Johannes Paul II. nach langer Krankheit die Augen schloss. Dziwisz bedeckte damals das Gesicht des toten Papstes mit einem Seidentuch. Danach verschwand auch der Sekretär des Papstes aus dem Blickfeld der Weltöffentlichkeit.

Das (vorübergehende) Zurücktreten in die zweite Reihe war umso dramatischer, weil Dziwisz in den letzten Lebensjahren des polnischen Papstes einer der mächtigsten Männer im Vatikan war. Gemeinsam mit dem Glaubenspräfekten, Kardinal Joseph Ratzinger, und Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano bildete er das eingespielte Trio, dem der schwer parkinsonkranke Papst weite Teile der Führung der katholischen Weltkirche anvertrauen konnte.

"Der Heilige Vater wünscht..."

Da Dziwisz ihm damals schon seit über 30 Jahren diente, konnte er ihm viele Gedanken von den Augen ablesen - und von den am Ende fast sprachunfähig werdenden Lippen. Trotzdem war es manchen im Vatikan nicht ganz geheuer, wenn Dziwisz gegen Ende immer öfter mit dem Satz "Der Heilige Vater wünscht..." Dinge entschied und anordnete.

Für den treuen Diener war die Last am Ende unerträglich. Als Johannes Paul II. tot war, strahlte Dziwisz in den Monaten nach dem Tod des großen Papstes neben Trauer auch Erleichterung aus. Dazu trug sicher auch bei, dass der deutsche Nachfolger im Papstamt, Benedikt XVI., den langjährigen Privatsekretär seines Vorgängers schon sehr bald zum Erzbischof von Krakau ernannte und ihn zum Kardinal beförderte. Strahlend, ausgeruht und wohlgenährt begrüßte er den neuen Papst im Mai 2006 in Krakau als Hausherr.

Kirchlicher Nachlassverwalter von Johannes Paul II.

In den neun Jahren nach dem Tod seines Meisters hat sich Dziwisz zu einer Art kirchlichem Nachlassverwalter von Johannes Paul II. entwickelt. Nie hatte er die charismatische Ausstrahlung, die dieser schon in seinen Jahren als Krakauer Erzbischof entwickelte. In dem Fenster, von dem aus Wojtyla als Kardinal und später als Papst immer wieder die katholische Jugend grüßte und mit ihnen sang und betete, steht bis heute ein großes Bild des Verstorbenen. Dziwisz käme nicht einmal entfernt in die Versuchung, ihm nacheifern zu wollen. Dafür sind die Fußstapfen viel zu groß. Auch in der Polnischen Bischofskonferenz hat er, trotz des traditionell großen Gewichts des Krakauer Erzbischofssitzes, eine zwar sichtbare, aber keine dominante Rolle übernommen.

Umso eifriger bemüht er sich, das Erbe Johannes Pauls II. in Polen und in der gesamten Weltkirche zu erhalten, zu pflegen und zu verbreiten. Der zum Erzbistum gehörende Wojtyla-Geburtsort Wadowice im Karpatenvorland ist unter seiner Ägide zu einem nationalen und internationalen Anziehungspunkt für Pilger geworden. In Vorträgen und Büchern hat er seine Jahre mit dem Papst aus Wadowice ausführlich geschildert. Für viele deutsche Katholiken vielleicht weniger nachvollziehbar, setzt sich der Krakauer Kardinal für die internationale Verbreitung jener Blutreliquien ein, die der Papst als Folge des Attentats von 1981 sowie während der Klinikaufenthalte in seinen letzten Lebensmonaten hinterließ.

Ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk

Umstritten war seine Entscheidung, die persönlichen Aufzeichnungen Johannes Pauls II. nach dessen Tod nicht zu vernichten. Gegen den ausdrücklichen testamentarischen Wunsch des Papstes bewahrte Dziwisz die Notizen für die Nachwelt auf. Das für die historische Forschung wertvolle Material ist bereits auf Polnisch erschienen; andere Ausgaben sind in Vorbereitung.

Zur Heiligsprechung des Jahrhundertpapstes hat Dziwisz - wie schon zur Seligsprechung vor drei Jahren - erheblich beigetragen. An diesem Sonntag, dem Tag der Heiligsprechung in Rom und dem von Johannes Paul II. eingeführten "Barmherzigkeitssonntag", wird Dziwisz 75 Jahre alt. Ein schöner Zufall - oder ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk.


Quelle:
KNA