Der Mann auf dem Kirchentag mit dem größten Promifaktor

Obama als Anziehungspunkt

Er wurde bejubelt und gefeiert wie ein Popstar. Barack Obama hat den Kirchentag besucht. Doch wie viel Christliches war in dem Besuch drin?

Autor/in:
Melanie Trimborn
Obama überall / © dr (DR)
Obama überall / © dr ( DR )

Eine Stunde vor der Ankunft des ehemaligen US-Präsidenten stehen lange Schlangen vor dem seitlichen Zugang zum Veranstaltungsgelände am Brandenburger Tor. Andere sitzen schon seit Stunden auf dem harten Asphalt und spielen Karten, quatschen oder lesen ein Buch. 70.000 Menschen wollen den Mann sehen, der noch vor wenigen Monaten eines der mächtigsten Länder der Welt regiert hat. Aber sie wollen ihn nicht nur sehen.

Sie alle wollen der Podiumsdiskussion mit dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lauschen. Ein Gespräch über Politik und Religion. Als er die Bühne betritt, jubelt die Menge. Obama lockt die Menschen zum evangelischen Kirchentag. So auch Sibylle Banach aus Berlin. "Es ist schon beeindruckend, beide so nah zu sehen", sagt sie domradio.de. Sie wäre sonst nicht gekommen.

"Ein Highlight des Reformationsjubiläums"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, der beide Politiker interviewt, bezeichnet das Gespräch mit Merkel und Obama als "ein Highlight des Reformationsjubiläums". Ein Weltpolitiker auf einer christlichen Veranstaltung. Bereichert das einen Kirchentag, oder führt das eher weg von der christlichen Ausrichtung?

Dabei ist Obama bekennender Christ – und somit eigentlich genau richtig auf dem Kirchentag. Der 44. Präsident der Vereinigten Staaten ging nur bislang sehr zurückhaltend mit seiner religiösen Überzeugung um. Wenn überhaupt spricht er nur allgemein über sein spirituelles Leben. Bei einem traditionellen Nationalen Gebetsfrühstück im Weißen Haus sagte er mal, dass er manchmal für wichtige Entscheidungen zur biblischen Schrift greife. "Ich suche oft Rat in der Bibel, um herauszufinden, wie ich ein besserer Mensch (…) sein kann."

Werte und Politik

Bei der Podiumsdiskussion ging es dann mehr um Werte, viel um Politik. Etwa stellte sich Obama hinter die Flüchtlingspolitik von Merkel und warnte davor, die als "Obamacare" bekannte Gesundheitsreform zurückzunehmen. Den neuen Präsidenten, der die Pläne verfolgt nannte er dabei nicht beim Namen. Trotzdem war klar, wen er meint.

Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche befragt Obama und Merkel. Die Fragen über Religion bleiben also nicht aus – auch wenn sie nur am Rande bleiben. Beide Politiker - Merkel und Obama - äußern sich in persönlichen Worten über ihren Glauben. Merkel bekennt, aus dem Glauben heraus sei bei ihr die Erkenntnis gereift, "dass ich mich einsetzen muss für die Würde des Menschen".

Das Wort der Barmherzigkeit

Obama nutzt bei der Flüchtlingsdiskussion ein Wort, das im vergangenen Jahr in der katholischen Kirche durch das ausgerufene Heilige Jahr große Bedeutung fand. Er erklärt, in den Augen Gottes verdiene" ein Kind auf der anderen Seite der Grenze genauso viel Barmherzigkeit (…) wie ein Kind auf unserer Seite der Grenze. Zudem warnt Obama vor Überheblichkeit und religiöser Rechthaberei: "Für meinen eigenen Glauben, denke ich, ist es immer sinnvoll, auch ein bisschen Zweifel zu haben."

Der Solinger Pfarrer Bernd Reinzhagen ist aus dem Rheinland zum Kirchentag gereist. Er äußert sich im Nachhinein etwas enttäuscht über die Podiumsdiskussion. Es sei zwar auch viel Glaube drin gewesen und es ging auch darum, was jeder für eine Demokratie tun könne, so wie zuhören, Stimme erheben, sich für Frieden einsetzen oder die Bewahrung der Schöpfung. Aber für ihn plätschert das Thema zu schnell in andere Themen über.

Dagegen findet die Berliner Studentin Tina Ressel Obamas Ausführungen über seinen Glauben sehr gut. Das hatte sie so von ihm noch nicht gehört und freut sich als Christin sich mit vielem identifizieren zu können.


Lange Schlangen schon eine Stunde vor der Ankunft Obamas. / © Melanie Trimborn (DR)
Lange Schlangen schon eine Stunde vor der Ankunft Obamas. / © Melanie Trimborn ( DR )

Einige spielen Karten. / © Melanie Trimborn (DR)
Einige spielen Karten. / © Melanie Trimborn ( DR )

Bernd Reinzhagen aus Solingen. / © Melanie Trimborn (DR)
Bernd Reinzhagen aus Solingen. / © Melanie Trimborn ( DR )

Tina Ressel aus Berlin / © Melanie Trimborn (DR)
Tina Ressel aus Berlin / © Melanie Trimborn ( DR )
Quelle:
DR