domradio.de: Was bedeutet es für Sie als Franziskaner-Bruder, wenn der Papst zu Ihnen kommt, der sich ja schließlich nach dem Heiligen Franz von Assisi benannt hat?
Bruder Thomas Freidel (Franziskaner in Assisi): Papst Franziskus setzt einen besonderen Akzent. Es wird ja heute die kürzeste Reise außerhalb Roms sein, die er unternehmen wird. Er kommt nur zwei Stunden hierher, besucht nur einen einzigen Ort - und das ist ein ganz bestimmter Ort: Die Portiuncula-Kapelle unterhalb von Assisi in der Basilika Santa Maria degli Angeli. Ein Ort, der für das Leben des Heiligen Franziskus ganz wichtig war. Papst Franziskus will gezielt diesen Ort zum Gebet besuchen, um an das 800-Jahr-Jubiläum des Ablasses "Perdono di Assisi" (Vergebung von Assisi) zu erinnern. Ein besonderes Ereignis, das sich gut in das Heilige Jahr der Barmherzigkeit einfügt.
domradio.de: Was steckt hinter diesem Ablass?
Bruder Thomas: Franz von Assisi hatte eine ausgefallene Idee: Und zwar die besondere Aufarbeitung der persönlichen Schuld, die den Menschen belastet, mit dieser kleinen Kapelle zu verbinden. Das war ein seltenes Privileg, das es damals gab. Nur für Jerusalem, Rom, Santiago de Copostela - also für ganz besonders wichtige Pilgerorte der christlichen Welt. Franziskus gelang es, den Papst davon zu überzeugen, dass er dieses seltene Privileg dieser kleinen Kapelle verleiht. Das Anliegen, das Franziskus hatte, war: Allen Menschen die Barmherzigkeit Gottes zugänglich zu machen. Den Menschen auf deutliche Weise zu sagen: 'Gott liebt dich, Gott ist barmherzig. Du darfst mit deiner Schuld, mit allem, was dich belastet, zu ihm kommen. Er will dir seine Barmherzigkeit schenken, er will dir zum erfüllten Leben verhelfen.'
domradio.de: Da steht heute also ein Glaubensthema im Mittelpunkt. Rechnen Sie mit einem Impuls durch den Papst?
Bruder Thomas: Ja, er wird ein Gebet sprechen und eine kleine Ansprache halten. Er wird einen Bibeltext auslegen, der sich wahrscheinlich auch um das Thema Barmherzigkeit drehen wird. Dann wird der Papst noch einen Besuch im Kloster unserer Mitbrüder machen, die dort bei der Kapelle leben. Die Franziskaner haben dort eine große Krankenpflegestation, wo mehrere alte pflegebedürftige Brüder versorgt werden. Franziskus ist es ja immer wichtig, an solche Orte zu gehen, wo es um die Alten, Kranken und Schwachen geht. Er wird natürlich auch die Pilger begrüßen, die heute Nachmittag in Assisi sind.
domradio.de: Und Sie sind immer mittendrin?
Bruder Thomas: Ja, wir nehmen auch teil. Es ist ja keine gottesdienstliche Feier geplant. Aber wir Brüder aus den acht Klöstern in der Stadt und unsere Mitschwestern werden mit Papst Franziskus zusammen sein.
domradio.de: Merkt man Assisi jetzt schon an, dass der Papst kommt?
Bruder Thomas: Bis jetzt ist es relativ ruhig. Es gab nur ein paar Anweisungen, weil es natürlich aufgrund der politischen Weltlage Sicherheitsvorkehrungen geben wird. Straßen rund um die Basilika werden abgesperrrt, man muss mit Sicherheitskontrollen rechnen. Das wurde angekündigt.
Das Gespräch führte Daniel Hauser.