Der Papst erlässt zum "Jahr des Glaubens" ein Motu proprio

Den Glauben stärken

Benedikt XVI. will mit einem "Jahr des Glaubens" einer "tiefen Glaubenskrise" in Kirche und Gesellschaft entgegenwirken. Das Themenjahr solle "eine Zeit der besonderen Besinnung und der Wiederentdeckung des Glaubens" werden, heißt es in einem nun vorgestellten Schreiben.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Schon als Kardinal hatte er den Ruf nach einem neuen Konzil als verfrüht bezeichnet. Und nach seiner Papstwahl hat Benedikt XVI. mehrfach betont, dass er kein Drittes Vatikanum einberufen wolle - weil das Zweite längst noch nicht aufgearbeitet und umgesetzt sei. Daher war zu erwarten, dass der frühere Konzilstheologe das 50-Jahr-Gedenken des Zweiten Vatikanums (1962-1965) zum Anlass für eine Großinitiative nutzen würde: um über die Stärkung des Glaubens angesichts der heutigen Herausforderungen zu reflektieren, in denen er nicht weniger als eine "tiefe Glaubenskrise" erkennt. Am Sonntag kündigte er ein "Jahr des Glaubens" für die Zeit vom 11. Oktober 2012 bis 24. November 2013 an. Am Montag umriss er in einem Motu proprio Bedeutung und Ziele dieses Themenjahres.

Schon in seiner ersten Predigt als Papst hatte Benedikt XVI. als Priorität seines Pontifikates proklamiert, den Glauben in seiner Gänze als Zentrum des Christseins wiederzuentdecken und zu vertiefen und die Freude am Glauben zu stärken. Das sei umso dringlicher, als dieser Glauben heute nicht mehr Voraussetzung im Leben, im gesellschaftlichen und politischen Handeln vieler Christen sei. Das früher einheitliche kulturelle Gewebe, das auf Glaubensinhalten und christlichen Werten beruhe, gebe es so nicht mehr, lautet seine Analyse.

Bischofssynode als Startsignal
Diesem Trend will der Papst mit einer breitangelegten Neuevangelisierung insbesondere in den "christlichen" Ländern der westlichen Welt begegnen. Er hat im Vatikan dazu eine eigene Behörde gegründet, den "Rat zur Förderung der Neuevangelisierung" unter dem agilen Erzbischof Rino Fisichella. Flankierend dazu intensiviert der Kulturrat unter dem als "Querdenker" geltenden Präsidenten Kardinal Gianfranco Ravasi mit seiner Initiative "Vorhof der Völker" das intellektuelle Gespräch mit dem Zeitgeist, mit "suchenden" Agnostikern.

Nach internen Beratungen und einem Kongress hinter verschlossenen Türen soll die Bischofssynode vom 7. bis 28. Oktober 2012 zum großen Startsignal für diese Initiativen werden. "Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens" lautet ihr Motto. Die Synode - das größte und repräsentativste Kollegialgremium der Kirche - beginnt exakt 50 Jahre nach der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils (11. Oktober 1962).

Genau an diesem Jahrestag will Benedikt XVI. gemeinsam mit der Vertretung des Weltepiskopats nun das "Jahr des Glaubens" eröffnen. Ein Termin, zu dem sich auch das Erscheinen des Katholischen Weltkatechismus jährt, zum 20. Mal. Dieser Katechismus bilde nicht nur ein "wertvolles und unentbehrliches Hilfsmittel" für die Glaubensvermittlung, sondern sei "eine der wichtigsten Früchte des Zweiten Vatikanischen Konzils", betonte der Papst im Motu proprio.

Bekenntnis zum Konzil
Zum "Jahr des Glaubens" soll die Glaubenskongregation in den kommenden Wochen eine "Note" mit Empfehlungen und konkreten Hinweisen für dessen Umsetzung und Durchführung in der Weltkirche erstellen. Sie soll Handreichungen zur Katechismus-Arbeit wie für Gottesdienstfeiern enthalten: Um den unveränderlichen Glauben besser kennenzulernen und an die künftigen Generationen weitergeben zu können. Zudem soll sie Hinweise enthalten, wie Ordensgemeinschaften oder Pfarrgemeinden, Verbände und Gemeinschaften in diesem Themenjahr das Credo öffentlich bekennen - und wie Christen diesen Glauben mit Werken der Nächstenliebe bezeugen können.

Mit dem "Jahr des Glaubens" verbindet Benedikt XVI. ein Bekenntnis zum Konzil zu seiner Lehre - auch angesichts der jüngsten Verhandlungsrunde mit den Traditionalisten, deren Ergebnis noch aussteht. Die Konzilsaussagen hätten weder ihren Wert noch ihren Glanz verloren; allerdings müssten sie sachgemäß und mit Hilfe der richtigen Hermeneutik gelesen und rezipiert werden, mahnt der Papst. Dazu sollen die gebündelten Vatikan-Initiativen zum 50. Jahrestag der Konzilseröffnung beitragen.