Still und leise hat Papst Franziskus in diesem Jahr mit drei kurzen Schreiben die Debatte um die Ämter in der katholischen Kirche auf ein neues Gleis gestellt. Während in Deutschland beim Synodalen Weg und auf Demonstrationen von Maria 2.0 öffentlichkeitswirksam die Zulassung von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern - mindestens aber zum Weiheamt des Diakonats - gefordert wird, hat der Papst aus Lateinamerika sich für einen komplett anderen Weg entschieden.
Ämter ohne Weihe
Wohin die Reise gehen soll, hat er am Mittwoch theologisch erklärt und kirchengeschichtlich eingeordnet. Ausgangspunkt sind für Franziskus die Neuerungen, die Papst Paul VI. in den 1970er Jahren kurz nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeführt hat. Dieser Papst, an dem sich Franziskus theologisch orientiert, schaffte 1972 in einer umstrittenen Entscheidung die sogenannten niederen Weihen und das Subdiakonat in der römischen Kirche ab. Vom sakramentalen Weiheamt der Kleriker blieben seither nur noch das Diakonat, das Priestertum und das Bischofsamt übrig. Franziskus hat nun damit begonnen, den so freigewordenen Raum für sonstige kirchliche Ämter ohne Weihe neu auszufüllen und umzugestalten.
Als erstes fasste er am 10. Januar mit dem Erlass "Spiritus Domini" die Ämter der Lektoren und Akolythen neu und öffnete sie ausdrücklich auch für Frauen. Am 10. Mai folgte mit dem Schreiben "Antiquum ministerium" die Neuschaffung und -begründung des Katecheten-Amtes.
Auch dieses steht Männern und Frauen offen. Die gelegentlich auch als Katechisten bezeichneten katholischen Laien sind vor allem in Afrika und Lateinamerika schon seit Jahrzehnten sehr aktiv, leiten dort faktisch Tausende von Gemeinden und haben längst eine eigene Rolle für sich gefunden.
Einladung zur Diskussion über Laien-Ämter
Nun hat der Papst mit seinem Schreiben vom Mittwoch die Bischofskonferenzen in aller Welt dazu aufgerufen, über diese und weitere Laien-Ämter zu diskutieren. Das Timing war wohl kaum zufällig: In der kommenden Woche debattieren alle Kardinäle der Weltkirche in Rom über kirchenpolitische Fragen.
Überraschend brachte der Papst in seinem Text wieder die Möglichkeit regional angepasster Lösungen ins Spiel. Er erinnerte daran, dass schon beim Konzil vor 60 Jahren gefordert wurde, dass die jeweiligen Bischofskonferenzen dem Papst die Schaffung von Ämtern vorschlagen können, die den jeweiligen regionalen und kulturellen Erfordernissen angepasst sind.
Im deutschsprachigen Raum waren auf dieser Grundlage in den 1970er Jahren in vielen Bistümern die neuen Berufe der Pastoral- und Gemeindereferenten geschaffen worden. Das führte zu der weltweit einmaligen Situation, dass es fest angestellte, mit einem Diplom in Theologie ausgestattete und beinahe wie Kleriker bezahlte Laien gibt, die dennoch keine Priester und keine "Hirten" ihrer Gemeinden sind. Eine vatikanische Instruktion hat diese Einschränkung im Jahr 1997 noch einmal mit Nachdruck festgestellt.
Teurer Sonderweg
Dieser Sonderweg der finanziell reichen Kirchen im deutschsprachigen Raum kommt für die Bischöfe in anderen Ländern schon mangels finanzieller Möglichkeiten kaum in Frage. Welche weiteren Ämter dem Papst vorschweben, hat er in seinem Schreiben offengelassen. Jedoch hat er einige Grundlagen klar erkennen lassen. Theologisch geht es ihm darum, den oft zitierten, aber bislang mit wenig Leben gefüllten Ansatz des Konzils umzusetzen, wonach alle Getauften am allgemeinen Priestertum teilhaben. Er lässt keinen Zweifel daran, dass die Ausweitung der Ämter des "allgemeinen Priestertums" auch Auswirkungen auf das spezielle, geweihte Priestertum haben wird.
Bei all diesen Überlegungen will er, typisch Franziskus, dass die Bischöfe von den konkreten Erfahrungen in den Gemeinden ausgehen, und nicht von abstrakten Überlegungen. In diesem Zusammenhang warnt er eindringlich vor "ideologischen" Vorgaben.
Sind neue kirchliche Ämter in Sicht?
Ob er damit auf die "zugangsrechtliche" Argumentation deutscher Theologinnen abzielt, die das Thema des Frauenpriestertums als eine Frage der Gleichberechtigung interpretieren, lässt er ebenfalls offen. Mit seinem neuen Ansatz bewegt sich Franziskus auf einer Linie, die schon zu Beginn des Pontifikats der deutsche Kardinal Walter Kasper bei der Debatte um das Frauendiakonat angedeutet hatte.
Kasper hatte seinerzeit von der Möglichkeit gesprochen, an das antike Diakoninnen-Amt anzuknüpfen, das nach Meinung von Kirchenhistorikern vermutlich ein Amt ohne sakramentale Weihe war. Demnächst könnte es eines von mehreren neuen kirchlichen Laien-Ämtern werden.