Der "Runde Tisch gegen Kindesmissbrauch" wird konkreter

Ein Zwischenbericht bis Jahresende

"Sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist eine der schlimmsten Straftaten..." So beginnt das Einladungsschreiben zum "Runden Tisch gegen Kindesmissbrauch", der sich am 23. April konstituieren soll. Zwei Treffen sind 2010. Die Kirchen sind nicht explizit genannt, aber natürlich mit am Tisch.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)


Das Schreiben trägt einen Dreifach-Briefkopf. "Mit freundlichen Grüßen" unterzeichnen die Bundesministerinnen für Familie, Justiz und Bildung, Kristina Schröder (CDU), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Annette Schavan (CDU), die sich den Vorsitz teilen.

Der umfangreiche Titel «Sexueller Missbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich» spiegelt das Tauziehen im Vorfeld der offiziellen Ankündigung wider. Die Kirchen sind nicht explizit genannt. Der Brief hebt auf die gemeinsame Verantwortung ab, die Opferperspektive und die rechtliche Aufarbeitung der in der Vergangenheit aufgetretenen Missbrauchsfälle - das mag vom Dilemma der Verjährungsfristen zur Frage freiwilliger oder symbolischer Entschädigungen führen. Ziele sind jedenfalls klare Verhaltensregeln im Umgang mit Kindesmissbrauch sowie verbindliche Selbstverpflichtungserklärungen.

Ergebnisse noch 2010
Mittlerweile formuliert die Regierung auch eine realistische zeitliche Perspektive. Am Rande des Kabinettsbeschlusses vor einer Woche hatte Schröder davon gesprochen, das Gremium solle seine Arbeit bis Ende des Jahres abschließen. Tage später erläuterte das Bundespresseamt, der Runde Tisch solle «noch in diesem Jahr Ergebnisse erarbeiten, mindestens in Form eines Zwischenberichts». So findet es sich nun auch in der Einladung. Nach dem ersten Treffen in diesem Jahr soll es 2010 zumindest ein weiteres Treffen «auf höchster Ebene» geben.

Auf diese Plenumsrunden wird sich - ähnlich etwa wie beim Runden Tisch zur Heimerziehung oder bei der Deutschen Islamkonferenz - der Blick der medialen Öffentlichkeit konzentrieren. Wesentlicher für die inhaltliche Arbeit sind die beiden Unterarbeitsgruppen, die öfter zusammenkommen werden. In ihrer Ausrichtung und in der Federführung spiegelt sie die ursprüngliche Konkurrenz zwischen den Ressorts für Justiz auf der einen und den Häusern für Familie und Bildung auf der anderen Seite wider, die zwischenzeitlich zur Aussicht auf zwei Tische führte. Für «Prävention-Intervention-Information» ist das Schröder-Ministerium zuständig, für die «Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs, rechtspolitische Folgerungen sowie die Anerkennung des Leidens der Opfer sexuellen Missbrauchs in jeglicher Hinsicht» das Ressort von Leutheusser-Schnarrenberger.

Die exakte Zahl der Teilnehmer am Runden Tisch steht noch nicht fest. Bei der zunächst avisierten Zahl von 40 Beteiligten bleibt es nicht, da nach der Verschmelzung der Konzepte noch verstärkt juristische Expertise und die Opferseite eingebunden werden. So werden am 23. April an die 50 Teilnehmer zusammenkommen.

Von kirchlicher Seite sind unter anderen die Spitzenrepräsentanten Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Nikolaus Schneider, eingeladen. Ob sie am Auftakt teilnehmen, ist noch offen. Auf katholischer Seite sind wohl auf jeden Fall der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sowie der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, dabei.

Ursprünglich wollte sich das Familienministerium in dieser Woche zu konkreteren Fragen der Ausgestaltung äußern; das wurde nun auf die Woche nach Ostern verschoben. Vielleicht wird sich bis dahin auch klären, wie die Geschäftsstelle der unabhängigen Beauftragten für die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs aussehen wird. Die vom Kabinett ernannte SPD-Politikerin Christine Bergmann wird im früher von ihr geleiteten Bundesfamilienministerium angesiedelt.
Abzuwarten bleibt auch nach dem starken Echo bei der neuen kirchlichen Hotline, wie umfangreich ihre Geschäftsstelle aufgestellt sein wird, die ein zentraler Anlaufort für Betroffene sein soll.