Der Samstag im Rückblick und erste Bilanzen

"Der Katholikentag war ein Erfolg"

Der 96. Deutsche Katholikentag in Saarbrücken hat nach Ansicht der Veranstalter die Sensibilität für Gerechtigkeit als gesellschaftliche Aufgabe erhöht. Die Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen, die Probleme Älterer und die strukturelle Ungerechtigkeit gegenüber Familien dürften nicht als selbstverständlich hingenommen werden, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, am Samstag in Saarbrücken bei der Abschlusspressekonferenz.Die Botschaft des 96.

 (DR)

Der 96. Deutsche Katholikentag in Saarbrücken hat nach Ansicht der Veranstalter die Sensibilität für Gerechtigkeit als gesellschaftliche Aufgabe erhöht. Die Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen, die Probleme Älterer und die strukturelle Ungerechtigkeit gegenüber Familien dürften nicht als selbstverständlich hingenommen werden, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, am Samstag in Saarbrücken bei der Abschlusspressekonferenz.

Die Botschaft des 96. Deutschen Katholikentags ist nach Einschätzung Meyers sowohl bei den Teilnehmern als auch in der Öffentlichkeit angekommen. Selten sei ein Anliegen so sehr akzeptiert worden wie das der Gerechtigkeit, sagte Meyer am Sonntag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Von der Form des Katholikentags zeigte sich Meyer "nach wie vor überzeugt", da sie sehr vielgestaltig sei. Er räumte zugleich ein, dass eine zu große Anzahl von Veranstaltungen "Enttäuschung und Frustration sowohl bei Mitwirkenden als auch bei Teilnehmern erzeugen" könne. Mehr Zuspruch hatte sich Meyer angesichts der Vorbereitung auch von Gästen aus dem Ausland erhofft. "Wir werden uns mit unseren französischen Freunden darüber unterhalten, was wir nicht richtig gemacht haben", sagte der ZdK-Präsident. Es sei aber selbstverständlich, dass die europaweite Zusammenarbeit der Katholiken verbessert werden müsse, wenn auf die Gestaltung und Entwicklung des Kontinents Einfluss ausgeübt werden solle. Mit Blick auf den für 2008 in Osnabrück geplanten Katholikentag soll nach dem Willen Meyers wieder ein Thema aufgegriffen werden, "das Menschen aus dem Glauben heraus in der Gesellschaft umtreibt".

Der Samstag: Kirche und Politik
An Veranstaltungen des Laientreffens beteiligten sich am Samstag erneut prominente Politiker, darunter die Regierungschefs von Luxemburg und Österreich, Jean-Claude Juncker und Wolfgang Schüssel, sowie Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD). Der Katholikentag, der unter dem Leitwort «Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht» steht, geht an diesem Sonntag mit einem Gottesdienst im Saarbrücker Ludwigspark-Stadion zu Ende.

Bei einer Diskussion über «Modernisierungsverlierer» mahnte Vizekanzler Müntefering, bei den Hartz-Reformen auch die positiven Aspekte zu beachten. Es gebe keinen Grund, das Ganze in Frage zu stellen. Von einer Explosion der Kosten bei Hartz IV könne nicht die Rede sein. Vielmehr lägen die Ausgaben für Arbeitslosengeld II laut Schätzungen fünf bis zehn Prozent über dem Vorjahr.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, warb für einen Mentalitätswandel der Unternehmen.
Neben guten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft seien auch Unternehmer gefragt, die stolz auf Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen seien. Besonders schwer am Arbeitsmarkt haben es Huber zufolge Jugendliche im Übergang von Schule zum Beruf. Dies gelte vor allem für Ostdeutschland, wo flexible junge Menschen abwanderten und die weniger Flexiblen ohne Perspektiven und mit Frustration zurückblieben. Auch die Gruppe der jungen allein erziehenden Frauen sowie die «Generation 50plus» seien von Arbeitslosigkeit besonders betroffen. Dabei gehe um «Beteiligungsgerechtigkeit».

Als Antwort auf die europäische Krise muss die EU nach Ansicht des luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker die Solidarität nach innen und nach außen wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Auf EU-Ebene müsse es einen Mindestsockel an Arbeitnehmerrechten einschließlich eines europäischen Mindestlohnes geben, sagte er auf dem Katholikentag. Unter Beifall fügte Juncker
hinzu: «Europa muss wieder das Projekt der kleinen Leute werden.»

Zur deutschen Debatte über Mindestlöhne wies Juncker darauf hin, dass es diese bereits in 15 EU-Staaten gibt: «Geht es den Luxemburgern damit schlechter?», fragte der Christdemokrat. Wettbewerbsfähigkeit dürfe nicht das Ergebnis von Sozialabbau sein, sondern erfordere soziale Mindeststandards bei Kündigungsschutz und Löhnen.

Der gastgebende Trierer Bischof Reinhard Marx bezeichnete die Katholikentage als unverzichtbare Foren der Begegnung. Marx plädierte für eine geistliche Erneuerung, die sich dem Politischen und Sozialen öffne. «Ein wirklich frommer Mensch übersieht die Not des anderen nicht», sagte er.

Als Erfolg des ersten Ökumenischen Kirchentages in Berlin 2003 zeige sich jetzt ein deutlich größeres ökumenisches Profil bei Katholiken- und Kirchentagen, betonte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann. Nach seiner Erfahrung mit Katholikentagen habe es bei den Teilnehmern einen Wandel gegeben. Früher habe es Gesellschaftsveränderer gegeben, die nichts von Spiritualität wissen wollten, und Fromme, die nicht aus ihrer Ecke gekommen seien, sagte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz. Heute gehe die Sehnsucht der Menschen dahin, beides zu vereinen.

Um das kirchliche Leitungsamt ging es bei einem ökumenischen Gespräch zwischen Kardinal Lehmann und Bischof Huber. Dabei lehnte Huber eine biblische Ableitung der Vorrangstellung des Papstes ab und trat für Kollegialität bei Entscheidungen ein.

Die Veranstalter ziehen eine positive Bilanz des Katholikentages und der Vositzende der Evangelischen Kirche Deutschland, Bischof Huber, nimmt Anregungen mit für den kommenden evangelischen Kirchentag in Köln: