DOMRADIO.DE: Wie überraschend war die Nachricht vom Rücktritt des Bamberger Erzbischofs Schick?
Ingo Brüggenjürgen (DOMRADIO.DE - Chefredakteur): Das war selbst für viele kirchliche Beobachter schon überraschend. Aber diese Entscheidung war gut vorbereitet und sie wurde gut durchgeführt. Der Erzbischof selber, Ludwig Schick, hat in einem Brief deutlich gemacht, dass ihm schon zu Beginn des Jahres deutlich geworden ist, dass da ein Wechsel notwendig ist. Verstand und Verantwortung haben dann dazu geführt, dass er im April den Papst in einer Privataudienz um diesen Rücktritt gebeten hat. Er hat ihm auch die Gründe dafür dargelegt.
Im September musste dann wohl noch mal ein bisschen nachgelegt oder nachgebessert werden. Aber dann war klar und seit Allerheiligen ist es auch ganz offiziell: das Bistum Bamberg, dieses kleine, feine Erzbistum ist jetzt in der Sedisvakanz, das heißt, der Bischofsstuhl ist unbesetzt.
DOMRADIO.DE: Besonders überraschend war es ja, weil er noch gar nicht 75 Jahre ist. Das ist eigentlich so das normale Alter, wo man das anbietet, oder?
Brüggenjürgen: Ja, das wäre der normale Grund gewesen, für einen Bischof oder Erzbischof. Bei Kardinälen wäre es dann noch mal das 80. Lebensjahr gewesen, er hätte mit dem Rücktrittsgesuch also noch Zeit gehabt. Aber ich glaube, hier ist sehr deutlich geworden, Erzbischof Schick hat selber eine Entscheidung getroffen.
DOMRADIO.DE: Was sind denn die Gründe für diesen Rücktritt?
Brüggenjürgen: Es wurde gestern natürlich viel spekuliert nach dem Motto "Sind es gesundheitliche Gründe? Gibt es da etwas in Sachen Missbrauchsaufbereitung?" Da gab es natürlich schon auch Kritik, aber ich denke, wir sollten vielleicht den Erzbischof hier einfach beim Wort nehmen.
Er hat gesagt, dass 20 Jahre wahrlich genug sind: "Ich habe hier viel bewirkt. Ich habe einen Pastoralplan zu Ende gebracht. Ich habe das Bistum finanziell konsolidiert. Das Feld ist gut bestellt und ich will das Ganze jetzt an einen Nachfolger übergeben, der erst mal auch einen längeren Zeitraum gut leiten kann. Denn es stehen in nächster Zeit auch hier bei uns im Bistum Bamberg viele wichtige Entscheidungen an, die umgesetzt werden müssen, zum Beispiel die Beschlüsse des Synodalen Weg durchzusetzen. Es gibt Personalentscheidungen im Domkapitel, bei Hauptabteilungen."
Das will er nun einem Nachfolger, einem jüngeren Menschen überlassen. Und wir stellen fest: nach Paderborn ist ein weiteres Erzbistum in Deutschland ohne Oberhirten.
DOMRADIO.DE: Wofür stand denn Ludwig Schick?
Brüggenjürgen: Schick war ein Bischof mitten aus dem Leben, dem Leben zugewandt, offen, ein großer, hagerer Mann, der seinen Mitbrüder im bischöflichen Amt auch körperlich teilweise richtig überlegen war.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat ja schon deutlich gemacht, dass ihm kein Weg zu weit war. Er war ein Marathonläufer, Durchläufer, der auch als Bischof der Weltkirche in vielen Ecken der Welt immer wieder sich nicht geschont, sich eingesetzt hat. Ein fleißiger Arbeiter im Weinberg des Herrn und der auch als Kirchenjurist immer wieder eine verläßliche Stütze war. Da geht jemand, aber er geht sozusagen aufrecht.
DOMRADIO.DE: Er war aber auch einer, der jetzt beim Synodalen Weg ordentlich mitgewirkt hat. Keine Verpflichtung für Ehelosigkeit für Priester hat er gefordert oder die Zulassung der Frauenweihe. Das waren auch starke Reformprozesse, die er da eigentlich noch angestoßen hat.
Brüggenjürgen: Das kann man so sagen. Er war reformorientiert, aber er ließ sich nicht immer unbedingt in eine der Schubladen einsortieren. Er hat da immer seinen ganz eigenen Weg gesucht.
DOMRADIO.DE: Was zeigt dieser Rücktritt? Wie kann man den Schritt von Ludwig Schick bewerten?
Brüggenjürgen: Es zeigt uns, es ist möglich, dass ein Bischof zurücktritt. Man kann es, wenn das gut vorbereitet wird, auch mit dem Heiligen Vater erledigen. Wir erinnern uns, dass es in der letzten Zeit da doch die ein oder anderen Rücktritte gab, die abgelehnt worden sind. Der Erzbischof von Hamburg, Stefan Heße, oder Kardinal Marx in München. Alle hatten ja um den Rücktritt gebeten, beide wurden abgelehnt. Hier hat der Heilige Vater jetzt anders entschieden.
Das sieht also wirklich so aus, dass, wenn jemand sagt: "Nein, ich habe das für mich reiflich entschieden, ich möchte das so, ich kann nicht mehr", dass der Heilige Vater dann durchaus auch solchen Sachen zustimmen kann. Da ist also wirklich, glaube ich, für uns die Lehre raus zu ziehen, dass man, wenn man diesen Weg gewählt hat und es klug anstellt, der Weg frei ist und man dann auch zurücktreten kann. Das ist, glaube ich, auch ein wichtiges Signal, dass letztendlich dann doch das eigene Gewissen des jeweiligen Bischofs der entscheidende Schritt ist, der den Weg freimacht.
DOMRADIO.DE: Wie geht es jetzt im Erzbistum Bamberg weiter?
Brüggenjürgen: Es gibt klare Regeln innerhalb des Bistums. Ich denke, dass jetzt sehr zeitnah das entsprechende Domkapitel zusammenkommen wird. Es wird dann einen Diözesanadministrator wählen, der den Übergang leitet. Das muss alles gut auf den Weg gebracht werden. Obwohl Schick natürlich sein Bistum gut aufgestellt hat, gilt es jetzt, diesen Übergang zu regeln, bis ein neuer Bischof gefunden wird.
Dazu kann das Domkapitel in Bamberg, aber auch die Bischofskonferenz entsprechende Listen nach Rom schicken, Vorschläge machen. Aber nach dem bayerischen Konkordat ist der Heilige Vater, der Heilige Stuhl, ganz frei zu entscheiden und kann dann aus diesen Listen wählen.
Hier wird man noch mal ein wenig schauen, welche Namen denn da nach Rom gespielt werden. Wir werden das nicht erfahren, aber da kommt sicherlich auch dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, eine entscheidende Rolle zu. Dann kann der Papst in völliger Freiheit entscheiden, wer in Bamberg der nächste Mann sein wird, der auf dem Bischofsstuhl Platz nimmt.
Das Interview führte Martin Mölder.