Wirkliche Glaubenszweifel sind nicht Sache des Speyerer Altbischofs Anton Schlembach: "Das Christentum ist wahr, das Christentum ist gut, das Christentum ist schön, es gibt nichts Besseres." Das müsse überzeugend und leuchtend verkündet werden, fasst Schlembach seine Überzeugung zusammen. Immer wieder mahnt er eine "Kultur der Liebe" an, und warnt, die Grundwerte und die Humanität einer Gesellschaft seien dort gefährdet, wo es keinen Gottesglauben gebe. Am Dienstag wird Schlembach 85.
Geistig fit
Dem Alter entsprechend geht es Schlembach gut. Der Altbischof wohnt in einem Caritas-Altenzentrum in Speyer, ist geistig fit und hält sich mit Lesen auf dem Laufenden. Zuletzt war er gesundheitlich etwas beeinträchtigt, weshalb er im Vorjahr nicht wie geplant sein 60-jähriges Priesterjubiläum feiern konnte. Aber er ist auf dem Weg der Besserung. Seinen runden Geburtstag feiert er im engsten Kreis und ohne Öffentlichkeit.
Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählt Schlembach den Besuch von Papst Johannes Paul II. 1987 im Kaiserdom und die Seligsprechung des pfälzischen Priesters, Sozialreformers und Ordensgründers Paul Josef Nardini. Das war 2006, kurz nach dem 50. Jahrestag von Schlembachs Priesterweihe.
Für den Altbischof, der den Seligsprechungsprozess auf den Weg gebracht hatte, eine "beglückende Fügung, das schönste Jubiläumsgeschenk". Doch nicht nur der Papst war in Speyer, viele andere Staats- und Regierungschefs besuchten auf Einladung von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) Speyer und statteten dabei auch der größten romanischen Kirche der Welt einen Besuch ab.
Schlembach wurde als ältestes von vier Kindern einer Bauernfamilie im unterfränkischen Großwenkheim geboren. Gerne erinnert er sich an die dortige "sehr schöne Barockkirche". Das Gotteshaus sei "ein Raum, der froh stimmt, hell ist". Von daher seien für ihn Glaube und Kirche immer mit "Licht und Freude" verbunden gewesen.
Bischofsernennung durch Johannes Paul II.
Die Priesterweihe empfing er 1956 in Rom. Die Weihe in der Heiligen Stadt, sagt er, sei für ihn Ansporn gewesen, sich um "ein katholisches, um ein weltkirchliches Bewusstsein" zu bemühen. Als Johannes Paul II. ihn 1983 zum Bischof ernannte, war Schlembach Generalvikar in Würzburg. Die Ernennung kam für ihn "völlig überraschend". Er habe es zunächst nicht glauben können, um Bedenkzeit gebeten, dann sein Einverständnis gegeben.
Am 16. Oktober 1983 wurde Schlembach im Speyerer Dom zum Bischof geweiht, ein Mann der lauten Töne wurde er indes nicht. Als er 24 Jahre später aus Altersgründen zurücktrat, würdigte ihn der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, als nachdenklichen, gewissenhaften und unerschrockenen Menschen und Bischof. Er habe länger schweigen können, und wenn er sich zu Wort gemeldet habe, habe er etwas zu sagen gehabt.
"Eine Lust, katholisch zu sein"
Es versteht sich fast von selbst, dass Schlembach auch heute nicht gefährdet ist, sich in tagesaktuelle Dinge einzumischen. Wenn aber wie nach dem Festgottesdienst zur Weihe des Kaiserdoms vor 950 Jahren im Jahr 2011 der berühmte Domnapf vor der Kathedrale gefüllt ist, dann mischt sich der Altbischof mit einem Glas Wein in der Hand gerne und fröhlich unters Volk.
Natürlich, sagte Schlembach in einem Interview, gebe es auch für einen Priester Enttäuschungen, Sorgen, Zweifel. Nie aber gebe es einen hinreichenden Grund, hoffnungslos zu werden, sich in Kritik und Anklage zu erschöpfen. "Viel öfter", so der Bischof, "habe ich Grund zu sagen: Es ist eine Lust, katholisch zu sein."