Der Studiengang "Nachhaltige Entwicklung"

Weltrettung mit Zertifikat

Der Begriff Nachhaltigkeit ist ambitioniert und populär, aber unkonkret. Bei Nachhaltigkeit, das wissen inzwischen auch Nicht-Experten, ist immer das große Ganze gefragt, die Verbindung von Umweltschutz und wirtschaftlichem. Kann man so etwas lehren und lernen? In Deutschland hat nun die Universität des Saarlandes damit begonnen.

Autor/in:
Marlene Grund
 (DR)

An der Saar-Uni startete im zurückliegenden Wintersemester das bundesweit erste Studienangebot für Nachhaltige Entwicklung, das mit einem Zertifikat abschließt. Das auf die Dauer von jeweils zwei oder vier Semestern angelegt Modul richtet sich an Studierende aller Fachrichtungen. "Vielleicht kann ich ja dazu beitragen, die Welt zu retten", sagte Jona Engel, Student der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik mit einem ironischen Lächeln. Der 21-Jährige verbindet mit dem neuen Studienmodul die Hoffnung, gegen globale Ungerechtigkeiten vorgehen zu können.

50 Studenten haben sich aus dem Stand für das neuartige Angebot interessiert, berichtet Petra Schweizer-Ries, die kommissarische Lehrstuhlinhaberin. Zehn davon, so schätzt sie, wollen richtig Zeit und Arbeit investieren und ihre Studien mit dem Zertifikat als berufliche Zusatzqualifikation abschließen.

Die Stiftungsprofessur wird nicht von der Universität selbst, sondern von der Projektinitiative "Mut zur Nachhaltigkeit" finanziert, der die Asko Europa-Stiftung, die Europäische Akademie Otzenhausen und die Stiftung Forum für Verantwortung angehören. In diesem Sommer soll der Lehrstuhl für Nachhaltigkeit an der Saar-Uni endgültig besetzt sein.

Den Studierenden, so versichert die 43-jährige Juniorprofessorin, werde an der Saar-Uni "etwas ganz Zentrales" vermittelt: "Sie werden in der Lage sein, den Veränderungsbedarf in der Gesellschaft zu erkennen und in ihren späteren Berufsfeldern Verantwortung für ihren Umgang mit dem ökologischen System übernehmen". Die Mitarbeit bei nachhaltigen Initiativen in Kommunen, Naturschutzgebieten oder Institutionen ist ein bedeutsamer Teil der Ausbildung.

Wirtschaftlichkeit und Glücksforschung
Nachhaltigkeit sei eine transdisziplinäre Wissenschaft, betont Schweizer-Ries, "das Gegenteil vom Elfenbeinturm". Wer Veränderungen wolle, müsse sich mit gesellschaftlichen Akteuren aus allen Bereichen verbünden können. Auch die dazu erforderliche kommunikative Kompetenz steht in Saarbrücken auf dem Stundenplan. Ansonsten werden die Studenten in Einführungs- und Ringvorlesungen, in Blockseminaren und Übungen an Themen wie Ressourcen und Energie, Klima und Ozeane, Ernährung und Bevölkerung, Wirtschaft und neue Weltordnung herangeführt.

Wenn es um Nachhaltigkeit geht, das macht die Themenliste deutlich, hängt alles mit allem zusammen: Wirtschaftlichkeit mit Glücksforschung, globale Umweltdebatten mit privatem Konsum. Ganz grundsätzlich gehe es um drei Komponenten, erläutert Schweizer-Ries: Um den Erhalt der Erde und ihres Ökosystems, der natürlichen Rohstoffe und der Artenvielfalt. Daneben steht die Aufgabe, die Rohstoffe weltweit für heutige und künftige Generationen sozial gerecht zu verteilen und zu nutzen und drittens Wirtschaftsstil, Konsumorientierung und Lebensweise der westlichen Industrienationen zu hinterfragen.

Dass der "energieverprassende Lebensstil" der Industrieländer nicht als weltweites Modell taugt, sei mittlerweile schon in vielen Köpfen angekommen, sagt die Dozentin. Es sei jedoch wichtig, aufzuzeigen, dass Verzicht nicht notwendigerweise negativ, kläglich und schmerzhaft sein muss. Sollte wachsender Wohlstand in den Industrieländern nicht mehr zu einer Steigerung des Wohlbefindens führen, dann könne durch einen anderen Lebensstil vielleicht die Lebensqualität sogar steigen.