Benedikt XVI. hatte das Ereignis noch während seiner Amtszeit auf den Weg gebracht, erzählt Thomaskantor Biller im domradio.de-Interview. Ein bisschen schade findet er es daher schon, dass Benedikt XVI. nicht mehr im Amt ist und den Gesang der Knaben im Petersdom wohl nicht hören wird: "Andererseits ist ja denkbar, dass zwei Päpste an der Messe teilnehmen, das gab es ja noch nie", meint der Thomaskantor schmunzelnd. Doch ganz gleich, vor wie viel Päpsten die Thomaner singen werden, es sei ein sehr schönes Signal für die Ökumene, davon ist der 57jährige Chorleiter überzeugt. Denn mit den Thomanern singt Deutschlands berühmtester evangelischer Chor ausgerechnet am Hochfest Peter und Paul im Petersdom in Anwesenheit von Papst Franziskus. Nicht umsonst spricht der Vatikan in diesem Zusammenhang von einer wichtigen ökumenischen Initiative. Gemeinsam mit dem Chor des Papstes – der Capella Sistina – singen die Knaben und jungen Männerstimmen in der Liturgie.
Kirchenmusik ist ökumenisch
Auch die Musik auf der Konzertreise nach Rom ist ganz auf Ökumene ausgerichtet: die Leipziger singen nicht nur Werke von Johann Sebastian Bach, sondern auch von Giovanni Pierluigi da Palestrina. Der Italiener gilt als so etwas wie der Prototyp des katholischen Kirchenkomponisten. Doch konfessionelle Berührungsängste gibt es im Bereich der Kirchenmusik ohnehin weniger als bei den Theologen, erklärt Biller, der der 16. Thomaskantor nach Johann Sebastian Bach ist. "Palestrina kommt bei uns auch so im Programm vor, er spielt ohnehin eine wichtige Rolle in der Kirchenmusik." Auch Bach habe Palestrina als Vorbild gekannt und dessen Musik für sich genutzt.
Keine Rückkehr zur Katholischen Kirche
Doch bei aller Wertschätzung für die Katholische Kirche, eins ist dem evangelischen Kirchenmusiker auch wichtig: "Ich möchte aber nicht den Eindruck vermitteln, dass wir uns sozusagen nach Hause begeben in die Katholische Kirche, sondern, dass wir in den Dialog treten wollen mit der Katholischen Kirche." Denn Biller ist wie Bach überzeugter evangelischer Christ. Seine Sänger sollen in Rom vor allem eins lernen: Verständnis für Andersdenkende: "Die Knaben sollen von der Reise mitnehmen, dass Toleranz auf jeden Fall wichtig ist, Toleranz dem gegenüber, der anders denkt, dass man bei aller Verschiedenartigkeit der Institutionen und Menschen das Gemeinsame immer wieder suchen soll."
Die Gelegenheit, gemeinsam mit dem Chor des Papstes zu singen, hatten und haben die Knaben bereits reichlich. Die Capella Sistina war schon in Leipzig zu Besuch, am Freitag gibt es ein gemeinsames Konzert in der Sixtinischen Kapelle mit Papst Franziskus. Der eigentliche Höhepunkt ist dann die Messe am Patronatsfest Peter und Paul am Samstag im Petersdom. Es ist zwar nicht der erste Besuch der Thomaner im Vatikan, doch dass der von Luther und Bach so stark geprägte Knabenchor in der Messe im Petersdom singt – das gab es noch nie. Und vielleicht erfüllt sich ja auch noch der Wunsch von Thomaskantor Biller, dass der emeritierte Papst an der Messe teilnimmt. Auch das wäre absolut historisch.