Eines erschließt sich auf Anhieb: Dieses Frauenmagazin ist anders als andere. Keine Mode, keine Beziehungstipps, kein Lifestyle. Nicht einmal richtig Werbung, außer drei ganzseitigen Anzeigen der italienischen Post. Das Thema, mit dem die erste vatikanische Frauenzeitschrift an den Start geht: "Mariä Heimsuchung" - die Mutter Jesu trifft Elisabet, und es ereignet sich ein selten gelungener Fall von Kommunikation. Zwei Frauen sprechen von Herz zu Herz.
Römische Historikerin leitet die Redaktion
Um Geist geht es, nicht um Fleisch. Das jüngste Publikationsprojekt des Vatikan versucht gar nicht erst, sich den Kiosken dieser Welt anzubiedern. Lucetta Scaraffia, römische Historikerin und Schriftleiterin des neuen Magazins, begründet das biblische Schwerpunktthema im ersten Heft als programmatisch für die ganze Zeitschrift: Maria und Elisabet seien "Frauen, die ans Licht bringen und der Welt kundtun, was andere Frauen zu sagen haben".
Es war Benedikt XVI. (2005-2013), der 2012 den entscheidenden Impuls gab. Er wünschte eine stärkere Präsenz von Frauen in der Zeitung "Osservatore Romano", dem halbamtlichen Vatikan-Blatt. So entstand eine monatliche Beilage mit dem Titel "Frau - Kirche - Welt", die sich jetzt, mit der 46. Ausgabe, zu einem selbstständigen Heft emanzipiert.
Dem Vatikan ist die Sache wichtig genug, dass zur Vorstellung am Dienstag eigens Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin aufs Podium stieg. Er nannte die Publikation Ausdruck einer "neuen und guten Gewohnheit: hören, was die Frauen zu sagen haben". Immerhin seien Frauen zwar die ersten Verkünderinnen der christlichen Botschaft, zum Theologiestudium zugelassen aber erst seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965).
Redaktion plant keinen Umsturz
Ähnlich verweist Scaraffia in ihrem Editorial auf die "intellektuelle Revolution, die Frauen in der katholischen Kultur seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts vollbracht haben", vor allem in den zurückliegenden Jahrzehnten. "Es war eine verborgene Revolution, fast übersehen im Innern der Kirche." Einen Umsturz der Kirchenstrukturen selbst wollen indessen sie und ihre Mitstreiterinnen nicht anzetteln.
Darauf angesprochen, ob sie gegen Chauvinismus und Männerzentrierung in der Kirche zu Felde ziehen wollten, sagte Scaraffia scherzend mit Blick auf den Kardinalstaatssekretär: "Wir müssen vorsichtig sein." Eine kritische Auseinandersetzung werde es geben, aber nicht auf polemische Weise. Die Zeitschrift werde "das viele Positive" in den Vordergrund stellen.
Auflage von rund 18.000 Exemplaren
Der "andere Blick" der Frauen: darum geht es den Redakteurinnen nach eigenem Bekunden. Das Team umfasst eine afrikanische Theologin - Rita Mboshu Kongo - und die jüdische Historikerin Anna Foa. "Frau – Kirche - Welt" sucht die weite Perspektive, über Länder- und Konfessionsgrenzen hinaus, jedoch behutsam und leise. Und fast diskret bleibt auch der Kreis der Adressatinnen: 18.000 bis 20.000 Exemplare soll die Auflage umfassen, die mit dem "Osservatore" ausgeliefert wird.
Mit dem publizistischen Anliegen können die Autorinnen Papst Franziskus hinter sich wissen, der wiederholt betonte, Frauen müssten eine stärkere Rolle in der Kirche spielen. Er betont zugleich, dass damit kein gleichberechtigter Zugang zu allen Ämtern gemeint ist. Auch Kardinal Parolin erinnerte bei dem Pressetermin daran, dass manche kirchliche Positionen schon zementiert seien, "wie jene zum Priesteramt".
Andere Aufgaben mit Leitungsfunktion stehen Frauen theoretisch offen, aber in der Praxis hat sich auch unter Franziskus im Vatikan nicht viel getan. Auch bei der Synode zu Familienthemen im vergangenen Herbst waren Frauen schwach repräsentiert und nicht stimmberechtigt.
Ob die Stimme, die der Vatikan den Frauen stärker geben will, mehr sein wird als eine journalistische, muss sich zeigen. Selbst für eine vatikanische Kindertagesstätte - die es bislang im Vatikanstaat noch nicht gibt - würde vermutlich manche Mitarbeiterin des Heiligen Stuhls gerne weiterhin auf Kosmetiktipps und Sommerdiäten im päpstlichen Frauenmagazin verzichten.