Der Vatikan verteidigt sich gegen Islamkritik nach Osternachtstaufe

Pluralismus, nicht Provokation

Die Osternachtstaufe eines Muslims sorgt weiterhin für Unruhe zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Islam. Muslimische Gelehrte hatten dem Vatikan "Provokation" vorgeworfen. Die Kritik richtet sich gegen die Taufe selber - vor allem aber gegen den Konvertierten und seine islam-kritischen Äußerungen. Gegen diesen Vorwurf hat sich nun Rom verteidigt.

 (DR)

"Einen neuen Gläubigen in die Kirche aufzunehmen, heißt nicht, sich alle seine Ideen und Positionen zu Eigen zu machen", erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Donnerstag in Radio Vatikan. Der ägyptischstämmige italienische Journalist Magdi Allam hatte in einem Zeitungsbeitrag am Tag nach seiner Taufe dem Islam Hass und Intoleranz vorgeworfen. In weiteren Interviews bekräftigte er diese Auffassung.

Der Vatikan reagierte mit der Stellungnahme auf Kritik von Islamgelehrten der Dialog-Initiative "A Common Word". Deren Sprecher Aref Ali Nayed hatte die feierliche Taufe Allams durch Benedikt XVI. als "provozierend" bezeichnet und ein Abrücken des Vatikan von den islamkritischen Äußerungen des Publizisten verlangt.

Lombardi sagte, in vielen Themenbereichen herrsche unter Christen ein "legitimer Pluralismus". Allam habe das Recht, seine persönlichen Ansichten zu bekunden, ohne dass diese "in irgendeiner Weise offizieller Ausdruck der Positionen des Papstes oder des Heiligen Stuhls" würden.

Proselytismus-Vorwurf zurückgewiesen
Lombardi antwortete mit "Bedauern" auf Äußerungen Nayeds, in denen er katholischen Schulen in islamischen Ländern die Abwerbung von Gläubigen unterstelle. Katholische Schulen und Universitäten würden seit jeher mehrheitlich von Nichtchristen besucht, die bei ihrem Glauben blieben. "Wir glauben nicht, dass der Vorwurf mangelnden Respekts vor der Würde und Freiheit der Person heute zu Schulden der Kirche geht", sagte Lombardi.

Zu Nayeds erneuter Kritik an der Regensburger Rede Benedikt XVI.
sagte der Vatikan-Sprecher, man habe längst Erläuterungen zu einer "korrekten Interpretation im Sinn des Papstes" gegeben. Zugleich blieben einige der dort berührten Themen wie das Verhältnis zwischen Glaube und Vernunft oder Religion und Gewalt weiterhin Gegenstand der Diskussion und unterschiedlicher Positionen.