DOMRADIO.DE: Herr Lunte, Sie leben selbst in Frankreich und verfolgen die Ereignisse der katholischen Kirche dort. Warum findet so ein Treffen statt?
Stefan Lunte (Generalsekretär von Justitia & Pax Europa, Mitarbeiter für die EU-Bischofskommission): Das ist seit einiger Zeit vorbereitet. Ein erstes Treffen gab es schon im Februar mit dem Generalsekretär der französischen Bischofskonferenz. Das heutige Treffen wurde schon im Mai in der Presse bestätigt. Es wird also seit einiger Zeit in Frankreich darüber geschrieben und gesprochen. Und offensichtlich geht es aus einer Überlegung innerhalb der Bischofskonferenz hervor, auf die Anfragen, die seit langer Zeit existieren, zu reagieren.
DOMRADIO.DE: Wissen Sie etwas darüber, wie viele Betroffene es in Frankreich gibt? Glauben Sie, dass das ein spezielles Problem der französischen Kirche ist?
Lunte: Das ist sicher nicht ein spezielles Problem der französischen Kirche. Ich kann keine Angaben zu einer Zahl machen. Ich weiß, dass der Verein "Kinder des Schweigens", der um dieses Gespräch gebeten hat, etwa 50 bis 60 Mitglieder hat, die Kinder von Priestern sind.
DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche in Frankreich hatte in jüngster Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt, zuletzt durch die Verurteilung von Kardinal Barbarin wegen einer Nicht-Anzeige von Missbrauch. Als Notre Dame brannte, empfanden das einige als Sinnbild für die Lage der Kirche. Wie empfinden Sie die Situation im Land?
Lunte: Es geht der katholischen Kirche nicht so gut, wie man es sich wünschen könnte. Das kann man aber von vielen Kirchen in Europa auch sagen. Ich glaube, das Treffen heute ist eher ein Zeichen von Lebendigkeit, von dem Willen, den Menschen in die Augen zu sehen, die von Priestern gezeugt wurden und unter einer oft sehr, sehr schwierigen Situation gelitten haben.
DOMRADIO.DE: Der Vatikan hat ja auch in den vergangenen Monaten Richtlinien für den Umgang mit Priesterkindern erarbeitet. Was könnte bei dem Treffen der Bischöfe mit den Priesterkindern herauskommen? Geht es um Geld?
Lunte: Ich hoffe und ich kann mir gut vorstellen, dass die Bischöfe dem Wunsch nach Anerkennung und nach Segen entsprechen. Es wurde vonseiten dieses Vereins immer wieder betont, es gehe nicht um finanzielle Dinge. Die Menschen, die in diesem Verein organisiert sind, sind häufig schon weit über 60.
Es geht vor allen Dingen um die Tatsache, dass jemand schuldig geworden ist bzw. seiner Verantwortung als Vater nicht nachgekommen ist, und dass die Kirche anerkennt, dass das keine keine gute Situation war, und Segen spendet.
Das Interview führte Carsten Döpp.