Der Weltjugendtag nach dem Tod des Taizé-Gründers von Frère Roger Schutz

Zwischen Trauer und Trubel

 (DR)

Während rund um den Dom fröhliche Gesänge und Sprechchöre jugendlicher Pilger erklingen, herrscht an der Kölner St. Agnes Kirche Trauer. Mit Gebeten und Andachten würdigen die Menschen dort am Mittwoch den Prior und Gründer der Gemeinschaft von Taizé, Frère Roger Schutz. In St. Agnes hat die Gemeinschaft während des Weltjugendtags ein geistliches Zentrum errichtet. Die Nachricht vom gewaltsamen Tod des evangelischen Geistlichen erreichte sie am Dienstag kurz vor Mitternacht bei einem Taizé-Gebet.

«Einige haben angefangen zu weinen, aber die meisten waren still entsetzt», berichtet Benjamin Decker, der an dem Gebet teilnahm. Dann hätten die Brüder einen Taizé-Gesang angestimmt. Als Mitarbeiter im Pfarrteam war Decker im Oktober 2004 mit einer Gruppe von Firmlingen zu Gast in der Taizé-Gemeinschaft im französischen Burgund. «Frère Roger war zwar äußerlich gebrechlich, aber geistig noch unheimlich fit», erinnert sich der 19-Jährige, der als freiwilliger Helfer beim Weltjugendtag mitwirkt.


In einem Nebenraum der Kirche hat die Gemeinde ein Kondolenzbuch ausgelegt. Daneben steht auf einem Ständer ein großes Foto von Frère Roger, der sich unermüdlich für die Einheit der Christen und junge Gläubige einsetzte. Unter das Foto des Schweizer Theologen haben Trauernde Blumen gelegt und Kerzen gestellt. «Danke für die Zusammenführung von Christen aller Länder», hat jemand in das Buch geschrieben. Ein anderer Eintrag lautet: «In Gedanken noch bei uns.» In vielen Sprachen drücken die Menschen in dem Buch ihre Trauer aus.


Auch Kölns Erzbischof Joachim Kardinal Meisner schrieb am Nachmittag in das Buch. «Gerade er, auf den die Seligpreisung zutrifft: 'Selig, die Frieden stiften', ist durch einen gewaltsamen Tod aus dem Leben geschieden», schrieb Meisner. In Gebeten und in den Katechesen, den religiösen Unterweisungen würden die Jugendlichen des Taizé-Gründers gedenken. Der Mittwoch war im Programm des Weltjugendtages ohnehin als Tag der Einkehr und Besinnung vorgesehen.


Auf dem Platz vor dem Dom und dem benachbarten Hauptbahnhof scheint die Stimmung jedoch ungetrübt. Tausende Jugendliche tummeln sich dort und feiern ein Fest, das am Dienstagabend mit Gottesdiensten und Festivals in den Stadien von Köln und Düsseldorf und im Bonner Hofgarten begonnen hatte.

Im Anschluss an den Kölner Eröffnungsgottesdienst «schwappte» im Rhein-Energie-Stadion die «La-Ola»-Welle viele Male über das Meer von Länderflaggen auf der Tribüne. Wie vor einigen Monaten auf dem Petersplatz in Rom ertönten immer wieder «Benedetto»- und «Giovanni Paolo»-Sprechchöre. «Eure Energie und Begeisterung wünsche ich mir für die ganze Welt und auch für Deutschland», rief Bundespräsident Horst Köhler der Menge zu, die seine Ansprache mehrfach jubelnd unterbrach.

Für dieses Gemeinschaftsgefühl hat Oscar Castillo die Reise aus Mexiko nach Köln angetreten. «Ich will den jungen Leuten daheim erzählen können, dass ich hier viele Menschen aus aller Welt getroffen habe, die alle den gleichen Glauben haben», sagt der 26-jährige Priester. «Gott steckt nicht nur in der Liturgie, sondern auch in der Begegnung mit anderen Gläubigen», sagt Castillo, bevor er sich einer Polonaise durch das Stadion anschließt.

Die Trauer um Frère Roger werde die heitere Stimmung auf dem Weltjugendtag nicht überlagern, glaubt Helfer Decker. Die Jugendlichen würden weiter feiern und tanzen: «Genau so hätte Roger es gewollt.»
(epd)