Der Historiker Joachim Kuropka hat das Verhalten von Bischof Clemens August von Galen zum Zweiten Weltkrieg verteidigt.
Der Vorwurf, die katholischen Bischöfe in Deutschland hätten 1939 den Überfall auf Polen begrüßt und den Krieg Adolf Hitlers unterstützt, sei "absurd", sagte Kuropka dem Portal kirche-und-leben.de am Freitag. Bei der Beurteilung von Äußerungen des damaligen Münsteraner Bischofs müssten zwingend die Zeitumstände und die damals vorherrschende theologische Lehrmeinung berücksichtigt werden.
Krieg als Strafe Gottes?
So habe von Galen sich nicht als Politiker zum Krieg geäußert, sondern als Seelsorger. Den Krieg habe er als Strafe Gottes für die Sünden der Menschen angesehen - er habe sich aber nicht zu der Frage geäußert, ob ein Krieg als gerecht zu beurteilen sei. Wenn der Bischof heute für Aussagen aus den 1930er und 1940er Jahren kritisiert werde, geschehe dies oft auf unwissenschaftliche Weise und ohne entsprechende Einordnung, kritisierte der Historiker.
Kritik an von Galen war zuvor in einem jetzt veröffentlichten Brief des 2018 verstorbenen Theologen Heinrich Missala geäußert worden. Der Bischof habe seinerzeit die offizielle Version vom Angriff der feindlichen Mächte auf das friedliebende Deutschland übernommen, heißt es in dem kurz vor Missalas Tod übermittelten Schreiben. Den Krieg habe von Galen einen "neuen Kreuzzug" genannt, in dem "der Soldatentod des gläubigen Christen in Wert und Würde ganz nahe dem Martertod um des Glaubens willen" stehe.
Das Bistum Essen veröffentlichte den Brief Missalas am Freitag, verbunden mit der Forderung nach einer vertieften Aufarbeitung des Verhaltens der katholischen Kirche Deutschlands im Zweiten Weltkrieg.
Umfassende Untersuchung gefordert
Zum Kriegsbeginn vor 80 Jahren hätten die meisten Oberhirten die Kriegspropaganda übernommen und teils pseudoreligiös überhöht, so der Vorwurf des damals 92-jährigen Theologen.
Misalla werbe zu Recht für eine umfassende Untersuchung, sagte der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer. Er teile dessen Auffassung, dass es heute niemandem zustehe, die Menschen von damals moralisch zu verurteilen. Aber der ehrliche Blick auf die Geschichte mahne, "wozu Menschen fähig sind und welche furchtbaren Entwicklungen deshalb möglich sein können".