Kommentar: Als Konservativer legt sich Woelki mit Rom an

Des Kardinals Reformen

Kardinal Woelki ordnet den Umgang mit sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln neu. Macht er damit den Weg für eine Reform des weltweiten Kirchenrechts frei? Ein Gastkommentar des Chefredakteurs der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Kardinal Woelki studiert das Gutachten (DR)
Kardinal Woelki studiert das Gutachten / ( DR )

Kardinal Rainer Maria Woelki hat nach der Veröffentlichung des Gercke-Gutachtens über den Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln einen anderen Ansatz für innerkirchliche Reformen aufgezeigt. Anders als die Protagonisten bei Maria 2.0 und weiteren kirchlichen Reformbewegungen setzt Woelki lediglich auf eine konsequente Reform des Kirchenrechts und der kirchlichen Verwaltung.

Einer Veränderung der dogmatischen und moraltheologischen Grundlagen der Kirche, wie sie viele Theologinnen und auch manche Bischöfe fordern, steht er skeptisch gegenüber. Das System Kirche will er nicht komplett umkrempeln, sondern es "nur" verbessern und weniger fehleranfällig machen.

Bei seinen systemimmanenten Reformbestrebungen geht er aber immerhin so weit, sich öffentlich gegen das geltende universale Kirchenrecht zu stellen und damit Widerspruch aus Rom zu provozieren: Er ordnet an, die weltkirchlich vorgeschriebene regelmäßige Vernichtung von Personalakten im Erzbistum Köln ab sofort nicht mehr zu praktizieren.

Und - was noch viel wichtiger ist: Er fordert eine grundsätzliche Änderung des kirchlichen Strafrechts, das bislang Missbrauchstaten von Klerikern an Minderjährigen und Schutzbefohlenen lediglich als Verstöße gegen das Zölibats-Versprechen ahndet. "Das ist eine reine Täter-Perspektive, das muss sich grundlegend ändern," erklärte er am Dienstag.

"Es kann nicht bleiben, wie es war!" hat Woelki als neues Motto für den Umgang mit sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln ausgegeben. Die von ihm und seinem Generalvikar Markus Hofmann für Köln angekündigten Verbesserungen bei der Aktenführung, bei der Priesterausbildung, bei der Prävention und beim Umgang mit den Beschuldigten und Betroffenen sind ein erster wichtiger Schritt.

Die radikale Reform des weltweiten Kirchenrechts mit seinen antiquierten, Geheimhaltung, Vertuschung und Opfermissachtung begünstigenden Bestimmungen wäre der zweite. Und hier könnten ausnahmsweise konservative und liberale Reformkräfte aus Deutschland gemeinsam gegenüber Rom an einem Strang ziehen, um überfällige Veränderungen auf den Weg zu bringen.

Dazu wäre es allerdings nötig, Woelki abzunehmen, dass er es wirklich ernst meint mit dem Willen zur Aufklärung und Aufarbeitung. Diesem Zwischenziel ist er durch das Gercke-Gutachten und die daraus von ihm gezogenen personellen und strukturellen Konsequenzen immerhin einen Schritt nähergekommen.

Ludwig Ring-Eifel (Chefredakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur)


Ludwig Ring-Eifel / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Ludwig Ring-Eifel / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA
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