Deutsche Bistümer bekräftigen Partnerschaft zu Bolivien

"Wege der Hoffnung gestalten"

Denkwürdige Tage vor historischer Kulisse: In der bolivianischen Hauptstadt Sucre feiern derzeit die deutschen Bistümer Trier und Hildesheim ihre Partnerschaft mit der katholischen Kirche des Andenstaates. Und hier schlugen die Verantwortlichen jetzt ein neues Kapitel der Beziehungen auf.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

In der denkmalgeschützten Kolonialmetropole bildete vor 50 Jahren eine Allianz zwischen Trier und dem Erzbistum Sucre die Keimzelle des Engagements. Am Sonntag unterzeichneten der Vorsitzende der Bolivianischen Bischofskonferenz, Kardinal Julio Terrazas, der Trierer Bischof Stephan Ackermann und der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle eine Partnerschaftsvereinbarung. Das Ziel: neue Impulse für die kommenden Jahre zu geben. Das Motto: "Wege der Hoffnung gestalten."

Dieser Satz mag auch das kirchliche Engagement im ärmsten Land Südamerikas beschreiben. Damals legten Ackermanns Vorgänger Matthias Wehr und der aus dem Saarland stammende Erzbischof von Sucre, Jose Clemente Maurer, den Fokus auf den Aufbau seelsorglicher Strukturen in Bolivien. In den Folgejahren entstand daraus eine Fülle an Projekten, an dem die unterschiedlichsten Gruppen und Personen beteiligt sind, seit 1987 auch aus dem Bistum Hildesheim. Wer heute durch Bolivien reist, stößt praktisch in jeder Region auf Spuren aus Deutschland.

Improvisationstalent bei der Seelsorge gefragt
So wie in der Gemeinde San Luis Gonzaga nahe der größten Stadt des Landes, Santa Cruz. Im fruchtbaren Tiefland unweit der endlosen Regenwälder Amazoniens ist Pfarrer Erwin Graus für mehr als 16.000 Katholiken zuständig. Der direkte Weg zu seinen Schäfchen führt den aus dem Saarland stammenden Seelsorger häufiger über unbefestigte Dschungelpisten als über geteerte Straßen. Seine Vorgänger griffen da schon mal auf das Pferd als Verkehrsmittel zurück. Und auch heute noch ist Improvisationstalent gefragt.

"Ich komme hier in ein offenes Feld hinein", umschreibt Graus den Reiz seiner Tätigkeit. Der von ihm angestoßene Neubau des Pfarrzentrums wächst im wahrsten Sinne des Wortes auf der grünen Wiese. Im Mittelpunkt steht außer der Kirche auch eine Praxis für Naturheilkunde. "Wir müssen uns anstrengen, um an die Leute heranzukommen", lautet das Credo des 52-Jährigen. Auch wenn über 80 Prozent der Bevölkerung katholisch sind, macht der Kirche die Konkurrenz durch evangelikale Sekten zu schaffen, die vor allem in der Sozial- und Bildungsarbeit sehr aktiv sind.

Ungeachtet dessen genießen beispielsweise katholische Schulen ein hohes Ansehen. Das zeigt auch ein Besuch in der ebenfalls von Trier aus geförderten "Unidad Educativa Luis Espinal". 400 Kinder und Jugendliche besuchen täglich die Einrichtung in El Chaco - und verdoppeln damit praktisch die Einwohnerzahl des 500-Seelen-Dorfes am Osthang der Anden. Rund 200 Bolivianos -umgerechnet etwa 20 Euro - kostet die Eltern der Schulbesuch ihrer Kinder pro Jahr. Viel Geld für ein Land, in dem mancherorts ein Jahresverdienst von 420 Euro schon als kleiner Reichtum gilt.

Auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen
Doch der Bildungshunger ist groß: Die 16-jährige Internatsschülerin Susan Madeleine Mamani Perez hat klare Vorstellungen, was sie später einmal beruflich machen möchte. "Architektin oder Ingenieurin" lautet das große Ziel, gerne auch in Verbindung mit dem Ausbau der ländlichen Infrastruktur. Genau darin liegt eine der großen Herausforderungen für die Wirtschaft in Bolivien. Dreimal so groß wie Deutschland, verfügt der Staat über bedeutende Rohstoffvorkommen, deren Erschließung und Transport jedoch angesichts unwegsamer Andenpässe jenseits der 4.000 Meter oder menschenleerer Savannengebiete immense Probleme bereitet.

Hinzu kommen fortdauernde soziale Spannungen. So können nur drei von zehn Erwerbstätigen von ihrem Arbeitslohn leben. Viele Familien sind auf Überweisungen ihrer im Ausland lebenden Verwandten angewiesen. Welche Auswirkungen die weltweite Wirtschaftskrise darauf hat, versucht unter anderem die Fundacion Jubileo in La Paz zu ergründen. Auch an dieser Denkfabrik sind die Trierer beteiligt - zusammen mit Kollegen aus dem Bistum Hildesheim. Mit der Partnerschaftsvereinbarung sollen solche Kontakte auch in Zukunft lebendig bleiben.