Deutsche Hospiz Stiftung: Ärzten fehlt ethisches Bewusstsein

Wenig sattelfest

Die Deutsche Hospiz Stiftung wirft Ärzten in Deutschland ein mangelndes Bewusstsein in ethischen Grenzfragen vor. Wenn sich jeder sechste Mediziner für aktive Sterbehilfe ausspreche, zeige das, wie wenig sattelfest Ärzte bei der Begleitung und professionellen Versorgung von Schwerstkranken und Sterbenden seien, sagte Stiftungs-Vorstand Eugen Brysch am Sonntag in Dortmund.

 (DR)

Viele Mediziner könnten zudem zwischen «Sterben lassen» und «töten» nicht unterscheiden. Brysch forderte ein verpflichtendes ethisches Fortbildungsprogramm für Ärzte. Dafür müssten Bund, Länder und die ärztlichen Standesvertretungen 30 Millionen Euro jährlich zur Verfügung stellen.

Brysch bezog sich auf eine vom Nachrichtenmagazin «Spiegel» veröffentlichte Umfrage. Demnach plädiert gut jeder dritte deutsche Arzt für die Möglichkeit indirekter Sterbehilfe bei unheilbar kranken leidenden Patienten. Für aktive Sterbehilfe sprach sich mit 16,4 Prozent etwa jeder sechste Mediziner aus. Fast jeder fünfte Arzt gab überdies an, bereits ein- oder mehrmals in seinem Umfeld von Beihilfe zum Suizid erfahren zu haben. Fast 40 Prozent könnten sich vorstellen, selbst Patienten beim Suizid zu helfen. Etwa 3,3 Prozent gaben an, bereits ein- oder mehrmals einem Patienten beim Suizid geholfen zu haben. Bei den Hausärzten liege dieser Anteil bei
4,4 Prozent. Laut «Spiegel» wären das, hochgerechnet auf die Gesamtzahl der befragten Ärztegruppen, rund 3.000 Mediziner.

Seit Ende Juni, als der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch erstmals öffentlich über eine von ihm geleistete Beihilfe zum Suizid sprach, hat die Debatte um dieses Thema deutlich zugenommen. Bemühungen der Bundesländer für ein gesetzliches Verbot wurden nach der Sommerpause im Bundesrat vorerst nicht weiter verfolgt. Die Kirchen warnen vor jeder Liberalisierung der Sterbehilfe.