Deutsche Hospizstiftung kritisiert Pläne zur Pflege-WG

Halbherziger Ansatz

Die Pläne von Gesundheitsminister Bahr zu Pflege-WGs stoßen auf Kritik. "Wer will sein Zuhause verlassen, wenn er keine Rund-um-die-Uhr-Versorgung braucht", fragt Eugen Brysch von der Deutschen Hospizstiftung skeptisch. Das Angebot gehe an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei. Statt einzelner Maßnahmen sei eine grundlegende Pflegereform nötig, meint Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, im domradio.de-Interview.

 (DR)

Nur wenige Pflegebedürftige hätten das Interesse, von einer Pflege zu Hause für eine befristete Zeit in eine Wohngemeinschaft zu wechseln, bevor der Weg dann möglicherweise doch in ein Heim führe, sagte Brysch der Passauer Neuen Presse. Mit seinem Konzept spiele Bahr mit der Unwissenheit der Menschen.



VdK: Keine Patentlösung für die Pflege im Alter

Auch der Sozialverband VdK hält die von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vorgeschlagene Förderung von Pflege-Wohngruppen für unzureichend. Eine zusätzliche Leistung von 200 Euro pro Person im Monat sei zu wenig. Zudem stelle sich die Frage der Qualität der Pflege in solchen Wohngemeinschaften, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher.



Mascher sieht in "Senioren-WGs keine Patentlösung für die Pflege im Alter". "Gerade in diesem sensiblen Bereich darf man nicht auf die komplette Selbstorganisation setzen", warnte sie: "Derzeit gibt es kein System, das wie die Prüfberichte für Pflegeheime oder ambulante Pflegedienste einen Anhaltspunkt für die Einhaltung von Standards in solchen Einrichtungen liefert."



Bahr verteidigt seine Pläne

Bahr verteidigte seinen Vorstoß. Die Pflege-Wohngruppen stellten ein zusätzliches Angebot dar, um den Menschen eine Pflege im häuslichen Umfeld anstelle einer Heimunterbringung zu ermöglichen, sagte er am Mittwochmorgen im Deutschlandfunk. Die Wohngruppen seien allerdings keine Lösung für alle Probleme in der Pflege.



Allerdings stünden nicht nur die 200 Euro als zusätzliche Förderung zur Verfügung, sondern auch die regulären Unterstützungen aus der Pflegeversicherung, sagte Bahr. Wenn sich vier Betroffene in Pflegestufe 1 zusammenschlössen, bekämen sie bis zu 3.400 Euro im Monat.



Beispiel: Vierer-WG verfügt über bis zu 3.400 Euro--
Bahr hatte in der "Bild"-Zeitung (Dienstag) angekündigt, die Gründung von Wohngemeinschaften pflegebedürftiger Patienten finanziell zu fördern. Eine Wohngemeinschaft mit vier Bewohnern soll demnach in Pflegestufe 1 bis zu 3.400 Euro pro Monat an Sach- und Geldleistungen beziehen können, so der Minister. Es müsse neue Wohnformen für Pflegebedürftige geben, die keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchten. Dies sei "eine Alternative zwischen Pflege zu Hause und Heim".



Zusätzlich sei ein Programm im Umfang von 30 Millionen Euro aufgelegt worden, um pflegegerechte Umbauten beispielsweise von Badezimmern zu finanzieren. Dafür gebe es einmalig bis zu 2.500 Euro pro Mitglied einer Wohngemeinschaft, so Bahr. Eine vierköpfige Wohngruppe könne zur bestehenden Förderung von 10.000 Euro damit weitere 10.000 Euro bekommen, die zur Gründung einer Pflege-Wohngemeinschaft zur Verfügung stünden.



Für das Budget sei keine Zustimmung des Finanzministers nötig. Die Aufwendungen könnten aus Beitragsgeldern finanziert werden. "Damit können langfristig auch Kosten gespart werden, weil weniger Menschen in die teurere Heimpflege gehen müssen. Es ist also eine Investition", betonte der Minister. Unterdessen kündigte auch die nordrhein-westfälische Landesregierung an, die Gründung von Alten-Wohngemeinschaften mit Pflegeangebot erleichtern und durch neue Finanzierungsmodelle fördern zu wollen.