Die Menschen in Deutschland werden immer älter und fühlen sich zum überwiegenden Teil gesund. Das Bewusstsein für gesunde Ernährung nimmt leicht zu. Gleichzeitig steigt allerdings die Zahl der Bundesbürger, die übergewichtig sind - eine Entwicklung, die nach Experteneinschätzung den Trend zum längeren Leben gefährden könnte. Diese Entwicklungen lassen sich aus dem Statistischen Jahrbuch 2016 ablesen, das der Präsident des Statistischen Bundesamts, Dieter Sarreither, am Donnerstag in Berlin vorstellte.
Wirtschaftsfaktor Gesundheit
Gesundheit ist ein zunehmend großer Wirtschaftsfaktor: 2014 gab Deutschland rund 328 Milliarden Euro dafür aus - immerhin 11 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Jeder Bundesbürger investierte damit etwa 4.050 Euro für Gesundheit.
Zugleich steigt die Lebenserwartung weiter an: Nach der aktuellen Sterbetafel 2013/2015 werden neugeborene Jungen etwa 78 Jahre, neugeborene Mädchen rund 83 Jahre alt. Damit haben sie seit Bismarcks Zeiten jeweils über 40 Lebensjahre dazugewonnen. Im europäischen Vergleich für 2014 werden Jungen in der Schweiz (80,8 Jahre) und Mädchen in Spanien (86,1 Jahre) am ältesten. Außerhalb Europas sind bei Jungen 80,5 Jahre und bei Mädchen 86,8 Jahre Spitzenwerte - sie werden in Japan erreicht.
Lebenserwartung nur sehr gering gestiegen
Allerdings: Im Vergleich zur Sterbetafel 2012/2014 ist die Lebenserwartung in Deutschland nur sehr gering gestiegen - um weniger als einen Monat. In den vergangenen Jahrzehnten nahm sie regelmäßig um circa drei Monate pro Jahr zu, wie das Max-Planck-Institut für demografische Forschung festhält. Ob der Trend zum längeren Leben langsam an eine Grenze stößt, lässt sich daraus aber noch nicht ableiten.
Glaubt man dem Chef des Statistischen Bundesamts, lässt sich aus den neuen Daten dagegen durchaus ein Trend zu mehr Gesundheitsbewusstsein lesen. "Wir schränken uns bei als schädlich geltenden Produkten tendenziell eher ein", sagte Sarreither.
Der Fleischkonsum sinkt sehr langsam: Jeder Bundesbürger konsumierte 2014 durchschnittlich 87 Kilo Fleischwaren - ein Kilo weniger als 2001. "Der Trend zu vegetarischer oder veganer Lebensweise spiegelt sich noch nicht wider", erläutert der Statistiker. Im gleichen Zeitraum landete mehr frisches Gemüse auf den Tellern - mit 97 Kilo ein Plus von 3 Kilo zu 2001. Auch Frischmilcherzeugnisse und Käse wurden beliebter. Der Verbrauch von Zucker sank um 3 Kilo auf 32 Kilo; der Konsum von Fetten sank ebenfalls um 3 auf 21 Kilo.
Weniger Verbrauch von Zigaretten und Bier
Auch bei Zigaretten und Bier geht der Trend nach unten: 2015 rauchte jeder Einwohner 1.041 Zigaretten, Zigarren oder Zigarillos; das waren 170 weniger als 2005. Im Jahr 2013 bezeichneten sich 21 Prozent als regelmäßige Raucher, 1999 waren es noch 25 Prozent. Beim Bier wurde die 100-Litergrenze unterschritten: Der Konsum sank von 111 Litern 2005 auf 98 Liter. Rückläufig war allerdings auch der Konsum von frischem Obst: Er sank deutlich um 10 Kilo gegenüber 2005 auf 65 Kilo.
Durchschnittlich 300 Euro im Monat gaben die privaten Haushalte 2013 für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren aus, wie Sarreither vorrechnete. Ein Wert, der sich nicht grundlegend verändert hat. Fleisch machte dabei mit 50 Euro den größten Posten aus, gefolgt von 41 Euro für Brot und Getreideerzeugnisse.
Nicht genug Geld für bewusste Ernährung
Allerdings haben viele Bundesbürger nicht genug Geld für bewusste Ernährung: 2014 war es rund 8 Prozent nach eigenen Angaben aus finanziellen Gründen nicht möglich, mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich zu nehmen. Überdurchschnittlich häufig betroffen waren Alleinlebende und Alleinerziehende (jeweils 16 Prozent).
Knapp 16 Prozent der Erwachsenen waren 2013 stark übergewichtig; sie hatten einen Body-Mass-Index (BMI) von 30 und mehr. Männer waren mit 17 Prozent häufiger adipös als Frauen mit 14 Prozent. 1999 hatte der Anteil der stark Übergewichtigen bei Männern noch 12 Prozent betragen, bei Frauen 11 Prozent.
Durchschnittlich 27 Minuten täglich hat jeder Einwohner 2012/2013 mit Sport und körperlicher Bewegung verbracht. Der Zeitaufwand ist relativ konstant geblieben. Fürs Fernsehen (einschließlich Videos und DVDs) nahmen die Bundesbürger sich allerdings mit 124 Minuten etwa 4,5 Mal so viel Zeit.