Deutscher leitet künftig "Vatikanbank"

Ein Malteserritter für Rom

Es war eine Etappe in der langen Chronologie der "Vatileaks"-Affäre: die Entlassung des früheren Chefs der "Vatikanbank" Ettore Gotti Tedeschi. Nun steht sein Nachfolger fest: Ein Deutscher soll künftig die Geschicke von IOR leiten.

 (DR)

Ernst von Freyberg (54) ist neuer Chef der Vatikanbank IOR. Die für das "Institut für die religiösen Werke" zuständige Kardinalskommission unter Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone ernannte den deutschen Juristen und Finanzfachmann am Freitag zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates. Er tritt an die Stelle von Ettore Gotti Tedeschi (67), dem im Mai 2012 das Vertrauen entzogen worden war.

Der aus Baden-Württemberg stammende Freyberg war bis Ende 2012 Geschäftsführer von Daiwa Corporate Advisory, einem Corporate-Finance-Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Frankfurt am Main. Seither ist er laut Vatikanangaben für die Blohm+Voss Group in Hamburg tätig. Zudem ist er im Malteserorden engagiert und gehört der Leitung der diözesanen Berliner Pilgerstelle für Lourdes-Wallfahrten an.

Der neue Aufsichtsratsvorsitzende werde sich künftig exklusiv seiner Aufgabe widmen; er behalte jedoch seine Funktion als Vorstandsmitglied der Blohm+Voss-Gruppe bei, betonte Lombardi. Zunächst hatte es im Vatikan geheißen, der neue IOR-Chef nehme seine Aufgabe in Rom nur an drei Tagen pro Woche wahr.

Der Vatikan habe nach einem gründlichen Auswahlverfahren einen kompetenten, in der Wirtschaftswelt geschätzten und kirchlich gut vernetzten Präsidenten ausgewählt, so Lombardi. Die Findung sei statutengemäß über eine internationale Agentur für Führungskräftevermittlung vorgenommen worden. Sie sei nach dem Ausscheiden von Ettore Tedeschi im Juli 2012 eingeschaltet worden und habe dem IOR 40 Kandidaten präsentiert. Im weiteren Auswahlverfahren durch die Kardinalskommission mit Unterstützung des Aufsichtsrates seien zunächst sechs und dann drei Kandidaten in die engere Wahl gezogen worden. Aus dieser Dreierliste hätten sich die fünf Kardinäle dann einmütig für von Freyberg entschieden, sagte der Sprecher.

Künftige Struktur noch unklar

Papst Benedikt XVI. sei über den Vorgang informiert gewesen und habe der Ernennung durch die Kardinäle seine Zustimmung gegeben, so Lombardi. - Von Freyberg spricht neben seiner deutschen Muttersprache Englisch, Französisch und auch Italienisch.

Die übrigen vier Mitglieder des Aufsichtsrates bleiben den Angaben zufolge im Amt. Zu ihnen gehört der Deutsche Ronaldo Hermann Schmitz (74), ehemaliges Vorstandsmitglied der Deutschen Bank. Weiter sitzen im IOR-Aufsichtsrat der US-Amerikaner und «Supreme Knight» den Kolumbusritter Carl A. Anderson (61), der Italiener Giovanni De Censi (74), Präsident der norditalienischen Bank Credito Valtellinese, sowie der Spanier Manuel Soto Serrano (72), vierter Vize-Vorsitzender der Santander-Bank.

Noch keine Entscheidung gibt es nach Worten Lombardis über die künftige Struktur der Vatikanbank. So sei noch unklar, ob die Funktion der Prälaten im IOR beibehalten wird. Diese Stelle, die zwischen der Kardinalskommission und dem Aufsichtsrat angesiedelt ist, war zuletzt unbesetzt. Zudem sei damit zu rechnen, dass es demnächst personelle Veränderungen in der fünfköpfigen Kardinalskommission geben werde. Die Kontakte mit der Europaratskommission «Moneyval» zur Überprüfung internationaler Standards im Kampf gegen Geldwäsche seien von der Ernennung des neuen Aufsichtsratschefs unberührt. Diese Konsultationen gingen weiter, so Lombardi.


Quelle:
KNA , epd , DR