Deutschland und vier weitere europäische Staaten haben bei der Weltkulturorganisation Unesco die Aufnahme des Bauhüttenwesens in das immaterielle Kulturerbe beantragt. Es ist die erste Nominierung mit deutscher Beteiligung für das Register Guter Praxisbeispiele, wie die deutsche Unesco-Kommission am Montag in Bonn mitteilte. Der Antrag wird auch von Frankreich, Norwegen, Österreich und der Schweiz unterstützt. Dabei geht es um die mittelalterliche Handwerkstradition, die in 18 europäischen Münster- und Dombauhütten - darunter 13 Werkstätten in Deutschland - gepflegt wird.
Entscheidung Ende 2020
Bereits Anfang Februar hatten die Dombauhütten vor der französischen Unesco-Kommission in Paris ihre Initiative vorgestellt, ihre Handwerkstraditionen als immaterielles Kulturerbe anerkennen zu lassen. Dazu hatten Vertreter von Dombauhütten einen kleinen Steinturm aus 18 Einzelteilen zusammengesetzt. Mit einer Entscheidung über den Antrag werde Ende 2020 gerechnet, so die Unesco. Der Titel ist nicht mit Fördergeldern verbunden. Die Dombauhütten versprechen sich davon aber öffentliche Aufmerksamkeit und Unterstützung für ihre Aufgaben.
Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, zeigte sich "sehr zuversichtlich" über einen Erfolg des Antrags. Bauhütten besäßen und vermittelten das Wissen, das zur Instandhaltung von Großkirchen gebraucht werde.
Alte Techniken und neueste Verfahren
"Schon im Mittelalter waren die Dombauhütten Innovationsbetriebe", erklärte der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich. Die Bauhütten bewahrten alte Techniken und setzten zugleich neueste Verfahren zum Erhalt der Architektur ein.
Führte im 19. und 20. Jahrhundert laut Unesco saurer Regen, der durch die Verbrennung von Kohle, Heizöl und Benzin hervorgerufen wurde, zu starken Beschädigungen der Natursteine, bedrohten heute neben Autoabgasen überwiegend Witterungseinflüsse wie Wind, Starkregen oder Blitzschlag die Architektur.
Alltagskulturen und Traditionen
Auf nationaler Ebene ist die Anerkennung des Dombauhüttenwesens in Deutschland, Frankreich und Österreich bereits erreicht. Aus Deutschland haben die Bauhütten in Aachen, Bamberg, Passau, Mainz, Lübeck, Soest, Dresden, Ulm, Köln, Freiburg, Regensburg, Schwäbisch Gmünd und Xanten an der Nominierung mitgewirkt.
Neben dem materiellen Welterbe gibt es auf internationaler Ebene drei Unesco-Listen zur Erhaltung Immateriellen Kulturerbes: Außer dem Register Guter Praxisbeispiele führt die Weltkulturorganisation die repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit sowie die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes. Ziel der Listen ist es, Alltagskulturen, Traditionen, Wissen und Fertigkeiten zu bewahren. Aufgenommen wurden beispielsweise die deutsche Brotkultur, die schwäbisch-alemannische Fasnet oder die Falknerei.