Deutschlands einzige Dreiecksburg wird 400 Jahre alt

Geschichte in Stein

Sein Grabmal ist mit Abstand das größte und prachtvollste im Paderborner Dom: Dietrich von Fürstenberg, Fürstbischof in Paderborn von 1586 bis 1618. Es zeigt den Bischof in Chorgewänder gehüllt, vor einem Kreuz kniend. Hinter ihm sind die Gebäude dargestellt, die er sich errichten ließ, darunter auch seine Nebenresidenz: die Wewelsburg. Vor 400 Jahren, am 8. September 1609, vollendete er den Bau mit der Weihe der Schlosskapelle.

Autor/in:
Claudia Auffenberg
 (DR)

Das waren noch Zeiten. Damals, als die Bischöfe zugleich Fürsten waren und sich prachtvolle Jagdschlösser bauten. Als sie unliebsame, also evangelische Bürgermeister aus dem Amt entfernen konnten - mit unsanften Methoden wie der Vierteilung. Und als sie zu Lebzeiten sich Denkmäler schufen in Form meterhoher, figurenreicher Grabmäler.

Die Burg diente Dietrich als höfische Wohnung zum Jagen und Fischen. Für sie hatte er drei vorhandene Gebäude miteinander verbunden. Weil es die Beschaffenheit des Felsens vorgab, entstand so Deutschlands einzige Dreiecksburg. Das 400-Jahr-Jubiläum wird in diesem Jahr mit einem Programm unter dem Titel «Kultureller Aufbruch in die Gegenwart» gefeiert. Höhepunkt wird am Sonntag ein Museumsfest im Stil der Erbauerzeit sein.

Zwischen Bau und Jubiläum liegen vier Jahrhunderte, die so ziemlich alles enthalten, was die Geschichte Westfalens an Höhepunkten und Tragödien hergibt: Der 30-jährige Krieg, Plünderungen, Besetzungen, Feuer, Umbauarbeiten, Säkularisation. Am Anfang des 20. Jahrhundert kam die Burg in den Besitz des Kreises Büren, der dort eine Jugendherberge einrichtete. Die Wewelsburg wurde für einige Jahre zum Treffpunkt der katholischen Jugendverbände.

Kultstätte der Nazis
Dann fanden die Nazis Gefallen an ihr. Die imposante Burg, die auf dem Felsenvorsprung thront und weithin sichtbar ins Paderborner Land ragt, sei ein passender Ort für die SS, befand deren Chef Heinrich Himmler. Die Nationalsozialisten nutzten das Gebäude als Kult- und Schulungsstätte. Himmler wollte die Burg zur repräsentativen und ideologischen Zentrale des SS-Ordens ausbauen. Die Wewelsburg und ihre nähere Umgebung wurden auch zu einem Konzentrationslager. Mindestens 1.285 Menschen starben an den grausamen Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie durch Misshandlungen. Der Kreis Paderborn hat diesen Teil der Vergangenheit 1982 in Form einer zeitgeschichtlichen Dokumentation aufgearbeitet.

Als sich das Tausendjährige Reich dem Abgrund näherte, ließ Himmler die Burg sprengen. Der Wiederaufbau dauerte bis in die 70er Jahre, die Auseinandersetzungen um den richtigen Umgang mit der SS-Vergangenheit noch länger. Jahrzehntelang wollten viele Wewelsburger nicht mehr als unbedingt nötig daran erinnert werden, dass in ihrem Dorf eine Kultstätte der SS und ein KZ war. Seit 1982 erst gibt es im ehemaligen Wachgebäude der SS eine Dokumentation über die Zeit von 1933 bis 1945. Sie wird derzeit umgebaut und neukonzipiert. Zur Wiedereröffnung im kommenden Jahr hat sich Bundespräsident Horst Köhler angemeldet. Zum Programm, das auf der Burg speziell für Kinder angeboten wird, gehört das Projekt «Hingucker», in dem sich Grundschüler in Zivilcourage üben können.

Jugendherberge und Museum
Heute ist die Wewelsburg wieder ein Treffpunkt für Jugendliche. Es gibt eine Jugendherberge, in der sich alle zwei Jahre junge Volkstänzer aus ganz Europa, Israel und Afrika zur «Internationalen Jugendfestwoche treffen». Im gegenüberliegenden Flügel befindet sich seit 1996 das Historische Museum des Hochstifts Paderborn. Zu sehen gibt es unter anderem am Ende eines Ganges, hinten im Turm über der Gräfte, eine winzige Kammer mit eindeutigem Mobiliar: Hierher kam auch der Fürstbischof zu Fuß. Und hier lernt der Betrachter, dass die Pracht der Renaissance durchaus ihre Grenzen hatte.