Deutschlands erste "Glückskirche" vorgestellt 

Blumenmeer und digitale Schmetterlinge vor dem Christusbild

Deutschlands erste "Glückskirche" steht im südhessischen Pfungstadt. Der zu einer Art Tropenhaus umfunktionierte und mit digitalen Mitteln belebte Innenraum der Martinskirche bietet ein ungewöhnliches Spektakel.

Autor/in:
Norbert Demuth
Ein Bildschirm zeigt eine Sonnenblume während der multimedialen Installation "Geheimnis der Schöpfung" mit 900 Pflanzen und Blumen im Innenraum der evangelischen Martinskirche in Pfungstadt / © Norbert Demuth (KNA)
Ein Bildschirm zeigt eine Sonnenblume während der multimedialen Installation "Geheimnis der Schöpfung" mit 900 Pflanzen und Blumen im Innenraum der evangelischen Martinskirche in Pfungstadt / © Norbert Demuth ( KNA )

Es ist ein überraschender und leicht irritierender Anblick: Wer die Martinskirche im südhessischen Pfungstadt betritt,blickt nicht wie gewohnt auf viele hölzerne Bankreihen und den Altar, sondern auf ein Blumen- und Pflanzenmeer. Am Mittwoch wurde eine Installation in der evangelischen Kirche präsentiert, die Besuchern das "Geheimnis der Schöpfung" multimedial und mit einer üppigen Pflanzenwelt im Kirchenraum nahebringen will. Für zehn Tage soll die Martinskirche zu Deutschlands erster "Glückskirche" werden, so die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).

900 Pflanzen und Blumen

Die Martinskirche ist nach Angaben der Initiatoren mit rund 900 Pflanzen und Blumen bestückt, vom Eingang bis zum Altar. Sie erinnertentfernt an ein Tropenhaus. Auf mehreren Bildschirmen, die in meterlangen Blumenbeeten angebracht sind, sind digital animierteSchmetterlinge im Wechsel mit Landschafts- und Tierfotografien zu sehen. Dazu sind sphärische Klänge, aber auch Walzer sowie vonKindern vorgetragene Bibelverse zu hören. Etwa: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln." (Psalm 23)

Die 20-minütige multimediale Inszenierung stammt vom deutsch-iranischen Komponisten und Mediendesigner Parviz Mir-Ali, der in Frankfurt lebt. Anlass ist der vom 2. bis 11. Juni in Pfungstadt stattfindende Hessentag, der am Freitag von Ministerpräsident BorisRhein (CDU) eröffnet wird. Nach Angaben der Landesregierung erwartet die Besucher dort unter dem Motto "Pfungstadt zieht an!" ein buntes Programm mit mehr als 1.200 Veranstaltungen aus Kultur, Kirche, Politik, Sport, Wirtschaft und Umwelt. Dann wird auch dieMartinskirche jeweils bis abends um 23.00 Uhr geöffnet und die Multimediaschau in der begrünten Kirche in Endlosschleife gezeigt.

"Spirituellen Erlebnisraum für alle Sinne"

Die Martinskirche solle zum "spirituellen Erlebnisraum für alle Sinne" werden, sagte die Projektleiterin bei der EKHN, Mareike Frahn-Langenau. "Glück ist ja im Augenblick nicht so an der Tagesordnung." Allgegenwärtig seien hingegen Krisen weltweit und für viele Menschen Sorgen im eigenen Leben. Da sei es schön, "eine Oase zum Auftanken zu haben". Bedrückte Menschen sollten in derGlückskirche Trost und Hoffnung spüren.

Auch Gudrun Olschewski, seit 21 Jahren Pfarrerin der Martinskirche, hofft, dass dort viele Menschen Glücksmomente erleben werden.Gottesdienste fänden in den zehn Tagen zwar keine in der Kirche statt, hieß es. Unter einem Olivenbäumchen im Kirchenraum kann man sich aber segnen lassen. Und am Ende der Aktion wird all das Grünzeug in der Kirche, das von einem Großhändler stammt und in Teichfolien steht, um gewässert zu werden, bei Privatpersonen landen. Es soll dann für einen caritativen Zweck versteigert werden.

Das Besondere der Schöpfung

Mediendesigner Mir-Ali (55), der in Los Angeles zum Toningenieur ausgebildet wurde, längere Zeit in New York lebte und mit dem österreichischen Multimediakünstler Andre Heller gearbeitet hat, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Ich will nicht per se Jeden glücklich machen." Bei der Installation gehe es ihm darum, Emotionen zu teilen und Besucher behutsam an das Besondere der Schöpfung heranzuführen.

Mir-Ali hatte schon beim Hessentag 2019 für spektakuläre Momente gesorgt. Damals wurde die Stadtkirche in Bad Hersfeld zur"Feuerkirche", in der die Bibelgeschichten von Mose und dem brennenden Dornbusch sowie vom Pfingstwunder mit lodernden Flammen multimedial inszeniert wurden. Der Kirchenraum war damals in feuriges Rot getaucht.

Grün und Buntes 

In der "Glückskirche" ist nun sehr viel Grün und sehr viel Buntes zu sehen. So viel Natur wirkt sich auch auf den Sakralraum aus. Eine mannshohe Engelsfigur links neben dem Altar und der auferstandene Christus auf einem Gemälde scheinen lebendiger in das Kircheninnere zu blicken. Wer als Besucher die Kirche betritt, wird zwar nicht zwangsläufig glücklicher. Und doch kommt man aus der "Glückskirche" anders heraus, als man hineingegangen ist.

Quelle:
KNA