Man dürfe nicht "zu sehr in eine Überbewertung der eher pessimistischen Wahrnehmung unserer Gesellschaft verfallen", heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme der deutschsprachigen Kleingruppe der Bischofssynode. Die "positiven Zeichen der Zeit", so kritisiert das Papier, würden im ersten Kapitel des Arbeitspapiers der Bischofssynode "nur wenig" gewürdigt.
Stellungnahme zum ersten Kapitel des Arbeitspapiers
Am Freitag legten die insgesamt 13 Kleingruppen der Bischofssynode nach mehrtägigen Beratungen ihre Stellungnahmen zum ersten Kapitel des Arbeitspapiers vor. Darin geht es um eine Bestandsaufnahme der Situation heutiger Familien. Die Texte sollen in das Abschlussdokument der Bischofssynode einfließen.
Die deutschsprachige Kleingruppe fordert zugleich, die kulturellen Eigenheiten und Unterschiede in der Weltkirche stärker zu berücksichtigen. Das sei vor allem dann nötig, wenn es um "ambivalente oder aus kirchlicher Sicht problematische Elemente der heutigen kulturellen Wirklichkeit". Diese müssten einer "differenzierten Analyse und Beurteilung" unterzogen werden.
Ziel müsse ein "sachgerechter und nuancierter weltkirchlich-interkultureller Austausch" sein, mahnen die deutschsprachigen Bischöfe. Ohne eine solche differenzierte Wahrnehmung komme man zu "unterschiedlichen Bewertungen unserer Gesellschaft". Die Folge davon seien unterschiedliche seelsorgerische Empfehlungen innerhalb der Kirche.
Allgemeinverständlichere Sprache für das Abschlussdokument gefordert
Zugleich mahnt das Papier eine weniger verurteilende und allgemeinverständlichere Sprache für das Abschlussdokument an. Die Teilnehmer des deutschsprachigen Zirkels wenden sich gegen eine "negativ abgrenzende und normativ verurteilende Sprache". Die kirchlichen und theologischen Positionen müssten zudem so dargestellt werden, dass sie auch "in einer säkularen Umwelt zugänglich" seien.
Als Beispiel für eine zu negative Sicht der modernen Gesellschaft im Arbeitspapier nennt das Papier die Beurteilung des Individualismus. Dieser stelle zwar als "egoistischer Grundzug" zweifelsohne eine "große Gefahr für das Leben der Menschen dar. Es dürfe aber nicht die gottgewollte Individualität des Menschen verurteilt werden.
Thema "Verwandtschaft" soll im Abschlussdokument verankert werden
Die deutschsprachige Kleingruppe plädiert zudem für eine stärkere Würdigung der "Schönheit der Ehe und des Auftrags von Ehen und Familien". Auch schlägt sie vor, Eheleuten und Familien für ihren "großen Dienst füreinander, für unsere Gesellschaft und für unsere Kirche zu danken". Ferner möchte die Kleingruppe das Thema Verwandtschaft im Abschlussdokument der Synode verankern.
Der deutschsprachigen Kleingruppe der Synode gehören insgesamt 14 Kardinäle und Bischöfe aus neun Nationen an, darunter der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der emeritierte wie der amtierende Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Walter Kasper und Kurt Koch, sowie die Kardinäle aus Wien und München, Christoph Schönborn und Reinhard Marx. Ebenfalls auf Deutsch diskutiert deur melkitische Patriarch Gregoire III. Laham aus dem Nahen Osten mit. Weitere Mitglieder sind Bischöfe aus Serbien, Finnland, Kroatien, Ungarn und der Slowakei.