Deutschstunden für Flüchtlinge an Kölner Schule

"Die Offenheit der Flüchtlinge ist riesengroß!"

An einer katholischen Mädchenschule in Köln unterrichten Lehrer, Lehrerinnen und Schülerinnen ehrenamtlich Flüchtlinge. Ihr Fazit: Offenheit und Wissendurst der Flüchtlinge seien riesengroß.

Autor/in:
Sebastian Witte
Flüchtlinge mit Schülerinnen / © Müller-Huntemann (DR)
Flüchtlinge mit Schülerinnen / © Müller-Huntemann ( DR )

Johanna Zimmer steht an der Tafel und malt eine Banane. Darunter schreibt sie den Namen der Frucht. Der Lehrerin sitzen drei Flüchtlinge gegenüber, die die Deutsche Sprache bisher weder sprechen noch lesen können. Mit Bildern und durch Gesten versucht Zimmer den drei Teilnehmern zur erklären, was ein Radio ist. Zwei junge Frauen und ein junger Mann stecken daraufhin die Köpfe zusammen und unterhalten sich untereinander auf Kurdisch. Sie wissen schließlich was gemeint ist und wiederholen das deutsche Wort "Radio" und freuen sich. In der Stunde wird viel gelacht, aber in dem Blicken der Flüchtlinge liegt auch Unsicherheit. Sie lernen hier, im katholischen St. Ursula Gymnasium in Köln, Deutsch. Für sie und die Lehrer, die hier in ihrer Freizeit ehrenamtlich unterrichten, eine schwierige Aufgabe. Oft können sich beide Seiten nur schwer verständigen. Trotzdem lernen hier zurzeit etwa 40 Männer und Frauen aus Eritrea, Bangladesch, dem Irak und anderen Regionen der Welt an zwei Nachmittagen in der Woche Deutsch. Die Anzahl der Teilnehmer wächst stetig.

Anfang Oktober organisierte das Mädchengymnasium einen Nachmittag mit Kaffee, Kuchen und Spielen für Kinder. Man lud in mehreren Sprachen Flüchtlinge ein um für den Deutschunterricht zu werben. Seitdem arbeiten Lehrerinnen und Lehrer,  Schülerinnen und pensionierten Kolleginnen und Kollegen der Schule mit den Flüchtlingen zusammen. Barbara Schultes ist Schülerin am Ursulinen Gymnasium und hilft in den Kursen mit. Am Anfang sei sie einfach neugierig gewesen, wer zu den Stunden kommen würde, erklärt die 17-Jährige. Aber ihr sei schnell klar geworden, wie wichtig es ist, sich in einem fremden Land verständigen zu können. "Wenn man nicht lesen und schreiben kann, fehlt einem so ein großes Stück an Kultur und an Möglichkeiten. Darum möchte ich gern anderen Menschen unsere Sprache beibringen." Die Leiterin des Projekts ist Ursula Müller-Huntemann. Die Lehrerin koordiniert die sozialen Projekte am Ursulinen Gymnasium. Viele Kollegen und Schülerinnen seien an sie mit dem Wunsch Flüchtlingshilfe zu leisten herangetreten. "Wir als Schule haben uns entschieden, als Bildungsinstitut eben Deutsch zu unterrichten."

Befürchtungen nicht bestätigt

Wenn Männer und Frauen mit verschiedenen Glaubensbekenntnissen aus unterschiedlichen Regionen der Welt in eine katholische Mädchenschule kommen um eine fremde Sprache zu lernen, sind da Konflikte nicht vorprogrammiert? "Wir hatten diese Bedenken vorher tatsächlich! Wir dachten, dass viele vielleicht auch nicht in unsere Schule kommen wollen, weil sie wissen, dass wir ein katholisches Gymnasium sind. Das hat sich aber nicht bewahrheitet. Im Gegenteil! Die Offenheit und der Wissendurst der Flüchtlinge ist riesengroß!" Laut Müller-Huntemann kämen die Teilnehmer immer schon einige Zeit vor Beginn des Unterrichts in die Schule und fühlten sich hier sehr wohl. Viele der Flüchtlinge seien traumatisiert von der Flucht. Ihr Status sei oft noch nicht geklärt und sie würden deshalb keinen Platz in den städtischen Sprachkursen bekommen. An der Ursulinenschule könne man zumindest beim Erlenen der Sprache helfen, so Müller-Huntemann. "Das soll kein kurzfristiges Projekt sein. Wir freuen uns wirklich sehr, dass sich so viele Kollegen ehrenamtlich einsetzen und am Nachmittag hier unterrichten."

Derweil findet sich die Gruppe für die nächste Deutschstunde in der Schule ein. Junge Männer und Frauen stehen, teilweise mit kleinen Kindern, in der Eingangshalle unter der Figur der heiligen Ursula. Leila Lakzadeh ist eine von ihnen. Die Programmiererin kommt aus dem Iran und ist seit sechs Monaten in Deutschland. Sie und ihr Mann sind bekennende Christen und mussten deshalb aus dem Iran fliehen. Sie sei glücklich am Unterricht teilnehmen zu können und ihre Religion in Deutschland ausleben zu dürfen. Lakzadeh besucht auch einen Deutschkurs an der Volkshochschule. Viele Flüchtlinge, die zu den Kursen erscheinen, können dieses Angebot aber nicht nutzen. Würde sich die Schule nicht ehrenamtlich engagieren, hätten viele aus der Gruppe vielleicht gar keine Chance die deutsche Sprache zu erlernen. 

 


Quelle:
DR