Dialog zwischen Vatikan und Judentum geht weiter

Aufbauarbeit kann beginnen

Trotz des Eklats um die Traditionalisten wollen Vertreter des Judentums den Dialog mit der katholischen Kirche fortsetzen. In Deutschland soll es noch innerhalb der kommenden vier Wochen ein Gespräch zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralrat der Juden in Deutschland geben. Israels Oberrabbinat erklärte am Wochenende, die zwischenzeitlich aufgekündigten Religionsgespräche mit dem Vatikan wieder aufzunehmen.

 (DR)

In einem vorab veröffentlichten Interview mit dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» erklärte Williamson, seine Ansichten zur Schoah vorerst nicht zu widerrufen. Er wolle zunächst die historischen Beweise prüfen. «Und wenn ich diese Beweise finde, dann werde ich mich korrigieren. Aber das wird Zeit brauchen», so Williamson. Zugleich erneuerte er seine Kritik am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965). Die Texte seien immer wieder zweideutig. Deswegen habe kurz nach dem Konzil jeder getan, was er tun wollte. «Das führt zu diesem theologischen Chaos, das wir heute haben», so Williamson wörtlich. Die vorbehaltlose Anerkennung des Konzils gilt vielen Kirchenvertretern als Grundbedingung für eine vollständige Wiederaufnahme der Traditionalisten in die katholische Kirche.

Kein Platz in der Kirche
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, ist für Williamson kein Platz in der Kirche. Das Verhalten des Briten sei «unmöglich und unverantwortlich». In die gleiche Richtung äußerte sich der Hamburger Erzbischof Werner Thissen. Es handele sich um «unerträgliche Äußerungen eines törichten Menschen», sagte Thissen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntag. Auf Williamsons «Spiegel»-Interview werde der Papst sicherlich «eine passende Antwort wissen». Dies werde jedoch nicht über die Massenmedien geschehen, sondern über Mittelsleute, die mit dem abtrünnigen Briten reden sollten. «Ich vermute, dass ihm der Papst die Ehre einer Audienz nicht antun wird», so Thissen.

Thissen wie auch Zollitsch nahmen den Papst gegen jeden Verdacht antisemitischer Gesinnung in Schutz. Benedikt XVI. habe die Exkommunikation der vier Traditionalisten-Bischöfe aufgehoben, um einen endgültigen Bruch zwischen der Gemeinschaft und der Kirche zu verhindern, betonte Zollitsch in einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» (FAS). Auf keinen Fall verdiene der Papst den «jetzt so oft erhobenen Vorwurf einer restaurativen Gesinnung». Ähnlich äußerte sich Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Der Schritt des Papstes stelle eine «erstaunliche Geste des Mutes» dar. Die entstandenen Probleme zeigten zugleich, dass der Weg der kirchlichen Einheit schwierig und lang sei.

Kritik am Krisenmanagement
Die Kritik am Krisenmanagement der Kurie riss derweil nicht ab.
«Unübersehbar liegt ein wesentlicher Grund für das entstandene Durcheinander darin, dass die römischen Behörden weitgehend unverbunden nebeneinander arbeiten und ihre Vorschläge machen, ohne zunächst darüber zu sprechen, wie diese sich ins Ganze einfügen, so Zollitsch in seinem Gastbeitrag für die FAS. Nach Ansicht des Grünen-Politikers Winfried Kretschmann zeugt der Vorfall von mangelndem Vertrauen der katholischen Kirche in die Moderne. Daraus habe sich ein nie dagewesener römischer Zentralismus entwickelt, der kritische Positionen weitgehend ausblende, beklagte Kretschmann in der "Welt am Sonntag". «Dass das nicht gut gehen kann, bekommen wir gerade vorgeführt», so der Politiker, der auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist.

Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, warnte unterdessen vor überstürzten Reaktionen. Niemand solle aus Ärger über die aktuelle Debatte um die Piusbruderschaft vorschnell aus der Kirche austreten. Er verstehe die «tiefe Verstörtheit» vieler Christen, aber ein so großer Schritt wie der Kirchenaustritt, der eine «Bedeutung für das eigene Heil» besitze, sollte nicht aus dem Affekt heraus getroffen werden, sagte Fürst dem Radiosender SWR 2.