Die Armen in Südafrika haben von der Fußball-Weltmeisterschaft wenig profitiert

Geschäfte "very low"

Im Township Philippi bei Kapstadt leben etwa 150.000 Menschen in Wellblechhütten. Ihre Augen strahlen nicht, wenn man sie auf die Fußball-Weltmeisterschaft anspricht. Die Neujahrsansprache, in der Präsident Jacob Zuma verprach, das Jahr 2010 werde ein "Wendepunkt für Südafrika sein", klingt in ihren Ohren heute wie Hohn.

Autor/in:
Judith Kubitscheck
 (DR)

"Das Stadion in Port Elizabeth steht seit dem Ende der Fußball-Weltmeisterschaft im Juli fast immer leer", erzählt Akash. Der Jugendliche aus Bangladesch muss es wissen. Er blickt aus seinem winzigen Kiosk direkt auf das imposante Stadion. Jetzt, da alle Sportfans wieder nach Hause geflogen sind, sei das Geschäft am Kiosk "very low", sagt er in gebrochenem Englisch. Doch wenn Akash auf die Weltmeisterschaft angesprochen wird, glänzen seine Augen. "So viele Menschen aus aller Welt! So sollte es in Südafrika immer sein."



"Die Menschen in Philippi haben unter der Weltmeisterschaft gelitten", sagt Pastor Otto Kohlstock, Leiter des Hilfszentrums "Themba Labantu" in Philippi. "Einige berichteten mir, dass sie einen Monat lang kaum etwas zum Essen hatten, weil sie während der Fußballspiele nicht wie sonst ihre Handarbeiten an den Straßenkreuzungen verkaufen durften."



Kein Geld, um Schulen zu bauen

Die Polizei habe sie einfach vertrieben, ihnen die Waren abgenommen und ihnen dazu noch heftige Strafen aufgebrummt, sagt Kohlstock, der seit mehr als 20 Jahren als Missionar des Berliner Missionswerks in Afrika lebt und arbeitet. Ein junger Mann aus Simbabwe habe dem Pastor erzählt, dass seine Familie sich mit drei anderen Großfamilien einen einzigen Krautkopf zum Essen teilen musste, weil sie wegen der Fußballspiele ihr Einkommen verloren hatten.



"Eine Fußball-WM ist bestimmt wunderbar, wenn sich das ein Land leisten kann." Aber in Südafrika, wo die Hälfte der schwarzen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, ist ein solches Sportereignis nach Ansicht des Leiters von "Themba Labantu" moralisch nicht vertretbar. Es sei für die armen Menschen in den Townships nicht verständlich, dass der Staat Geld ausgab, um Stadien zu bauen, aber nun kein Geld hat, um Schulen zu bauen. Viele Kinder träfen sich mit ihren Lehrern unter Bäumen zum Schulunterricht.



Auch Nomabelu Mvambo-Dandala, Geschäftsführerin der ökumenischen Einrichtung "Diakonia", ist überzeugt: "Die Weltmeisterschaft hat die Reichen reicher und die Armen ärmer gemacht. Der Staat hat sich verschulden müssen, um die neuen Stadien finanzieren zu können." Das Geld für die Fußball-WM sei von dem Budget für Schulen und Krankenhäuser abgegangen, so die Geschäftsführerin von "Diakonia", einer Organisation, die sich für soziale Gerechtigkeit und Entwicklung in Südafrika einsetzt. "Manche der ärmere Menschen liehen sich Geld, um ihre Häuser zu einer Übernachtungsunterkunft für Fußballtouristen auszubauen. Doch niemand hat bei ihnen übernachtet. Sie wurden nicht einmal in die Datenbanken der Touristikbüros aufgenommen, in der Gästehäuser registriert wurden", sagt Mvambo-Dandala.