Die Caritas hilft kranken Kindern in den Palästinensergebieten

"Das Herz muss Hände haben"

Im Westjordanland ist eine hohe Säuglingssterblichkeit zu beklagen. Kleinen Kindern fehlt die nötigste medizinische Versorgung. Das Caritas-Baby-Hospital in Bethlehem ist die einzige Spezialklinik für Kinder in den Palästinensergebieten.

Caritas-Kinderspital in Bethlehem (CI)
Caritas-Kinderspital in Bethlehem / ( CI )

"60 Jahre Kinderspital" steht mit dicken Farbbuchstaben an der Trennmauer gleich hinter dem Straßenkontrollpunkt zwischen Jerusalem und Bethlehem. Das Jubiläum liegt zwar schon zwei Jahre zurück, doch die Graffiti mit dem Kliniksymbol, das zwei Wickelkinder abbildet, zeigen den anhaltenden Dank der Bevölkerung. Das Caritas-Kinder-Hospital in Bethlehem ist die einzige Spezialklinik in den Palästinensergebieten für die ganz Kleinen. "Dies ist ein Wohltätigkeitshospital", erklärt Krankenhaussprecher Bashir Qonqar, der in Deutschland studiert hat.

"Wir sind hier, um zu helfen - den Ärmsten und überhaupt allen, ganz egal, welcher Religion sie angehören."

Ein totes Kind im Schlamm

Nie wieder sollte ein Baby in Bethlehem sterben, weil kein Arzt zur Stelle ist, schwor sich einst der Ordenspriester Ernst Schnydrig (1912-1978). Mit einem angemieteten Zimmer, in das er auf eigene Kosten ein gutes Dutzend Betten stellen ließ, nahm das Projekt vor 62 Jahren seinen Anfang. Kurz zuvor musste der Schweizer miterleben, wie ein Mann sein totes Kind im Schlamm vergrub. Schnydrig war gerade auf dem Weg zur Heiligabendmesse in der Geburtskirche, als er an einem Flüchtlingslager vorbeikam und Zeuge der Szene wurde. Erschüttert habe ihm der Mann berichtet, das Kind sei gestorben, weil es keinen Arzt in der Gegend gab. Der Geistliche überlegte nicht lange, sondern folgte seiner eigenen Devise: "Das Herz muss Hände haben."

Vom Mietzimmer zum modernen Krankenhaus

Zu diesem Zeitpunkt, 1952, lag der israelische Unabhängigkeitskrieg mit der Flucht von Tausenden Palästinensern gerade vier Jahre zurück. Inzwischen sind aus den Zelten der Flüchtlingslager feste Betonbauten geworden. Das angemietete Minilazarett von Pater Schnydrig wandelte sich in ein modernes Krankenhaus mit 82 Betten, zwei Pflegestationen, einer Neugeborenenabteilung, einer Ambulanzklinik und einer Notfallaufnahme. Rund 4.000 Patienten werden jährlich stationär behandelt, über 30.000 ambulant. Zum Team gehören 15 Ärzte, 80 Krankenschwestern und vier Sozialarbeiterinnen.

Die Säuglingssterblichkeit im Westjordanland liegt mit 1,4 pro 100 Geburten heute noch gut drei Mal so hoch wie in Israel und Europa.

Behandelt wird, wer ausreisen darf

Vor allem die Kinder leiden unter den Folgen von Besatzung und Gewalt. Seit dem Krieg im Sommer dürfen Kinder aus dem Gazastreifen zum ersten Mal seit 14 Jahren wieder zur Behandlung nach Bethlehem kommen. Das Rote Kreuz hilft bei der Vermittlung zwischen den Krankenhäusern und den Militärbehörden.

"Israel erleichtert langsam die Einreisebestimmungen bei humanitären Notfällen", beobachtet Qonqar. Manche der Kinder brauchen akut Hilfe, andere sind auf langfristige Therapien angewiesen. Die Kinder kommen mit einem Elternteil, manchmal auch mit den Großeltern - je nachdem, wer aus der Familie eine Ausreisegenehmigung aus dem Gazastreifen erhalten hat.

Die vier Monate alte Lien liegt auf der Intensivstation, wo schon ein kleiner Weihnachtsbaum steht. Das Mädchen ist mit seiner Großmutter gekommen, um in der Caritas-Klinik untersucht zu werden, bevor es zurück nach Gaza überwiesen wird. Wie ihre größere Schwester leidet Lien an einem angeborenen unheilbaren Gehirnschaden.

Mangelernährung bei vielen Säuglingen

Das Team legt großen Wert auf Vorsorge und gesundheitliche Aufklärung. Die Armut ist ein schwer zu bekämpfendes Syndrom, dennoch wären viele der Krankheiten zu vermeiden. "Veränderungen lassen sich nicht von heute auf morgen erreichen", sagt Qonqar mit Blick auf das konservative Umfeld und veraltete Traditionen. Die Hygiene ist mangelhaft, zudem stillen viele Frauen frühzeitig ab und ernähren ihre Kinder entweder mit Ziegenmilch oder mit Milchpulver, das sie aus Kostengründen strecken. Unterernährung, Bauchschmerzen und Durchfall sind die Folge.

Zur Weihnachtsfeier in der Klinik werden in diesem Jahr rund 200 Familien eingeladen. Die Kinder bekommen Süßigkeiten und kleine Spielzeuge, eine Schauspielgruppe von der lutherischen Gemeinde in Bethlehem tritt mit einer Weihnachtskomödie auf. In den Kirchen der Schweiz, die rund ein Drittel des Krankenhausbudgets decken, wird wie jedes Jahr am Heiligen Abend Geld für das Kinder-Hospital in Bethlehem gesammelt.


Quelle:
epd