Die Diskussion um die Pius-Bruderschaft hält an

"Kirche am Scheideweg"

Die Diskussion um die traditionalistische Pius-Bruderschaft und ihr Verhältnis zur katholischen Kirche hält weiter an. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, und sein Amtsvorgänger, Kardinal Karl Lehmann, sprachen am Wochenende von einem Scheideweg und zweifelten an der Dialogbereitschaft der Pius-Bruderschaft.

 (DR)

Zollitsch betonte in Freiburg, er sehe bei der Pius-Bruderschaft weiter keine Anzeichen für eine echte Gesprächsbereitschaft über die Bedingungen für eine volle Rückkehr zur katholischen Kirche. Zugleich bekräftigte er, die deutschen Bischöfe seien sich einig, dass die Kirche nicht hinter die durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) begründete theologische Öffnung zurückgehen könne und werde.

Lehmann forderte die Bruderschaft in einem Interview des Deutschlandfunks auf, nicht länger "Katz und Maus" mit dem Papst zu spielen. Sehr rasch müsste sie sich ohne Wenn und Aber zu den Beschlüssen des Konzils bekennen. Nur dann sei eine Rückkehr möglich. Sollte Benedikt XVI. aber auf seine Versöhnungsgeste der Aufhebung der Exkommunikation "nur höhnische Antworten" bekommen, dann sei "eigentlich die Entscheidung schon gefallen", so Lehmann.

Meyer: Abspaltung ist möglich
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans Joachim Meyer, hält eine endgültige Abspaltung der Pius-Bruderschaft von der katholischen Kirche für wahrscheinlich. Zugleich würdigte er am Sonntag in Berlin die Reaktion der deutschen Bischöfe auf die Turbulenzen. Sie hätten sich hinter die Beschlüsse des Konzils gestellt und betont, dass es keinen Weg zurück geben könne.

Der Philosoph Spaemann verteidigte den Papst gegen die Kritik der vergangenen Wochen. Dieser wolle "in seiner Verantwortung als Hirte" Spaltungen aufheben und sie nicht noch vertiefen. Genau dabei aber sei man ihm "mit einer beispiellosen Medienkampagne in die Quere gekommen und redet davon, er umarme die Traditionalisten und gehe rückwärts anstatt vorwärts", kritisierte Spaemann in der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".

Auch Lehmann und Zollitsch nahmen den Papst in Schutz: Sein Zugehen auf die Pius-Bruderschaft sei ein Zeichen der Barmherzigkeit, um eine endgültige Kirchenspaltung zu vermeiden, betonte Zollitsch. Dass dieser Prozess mit der Holocaust-Leugnung eines der illegal geweihten Traditionalisten-Bischöfe gekoppelt gewesen sei, sei eine unglückliche Tragödie, so Lehmann: "Mir tut der Papst eigentlich Leid, weil das im Widerspruch steht zu dem, was er ein ganzes Leben lang gemacht hat."

Weiter Unklarheiten
Unklarheiten gibt es offenbar noch in der Frage, ob die vier Bischöfe der Pius-Bruderschaft nach der Aufhebung ihrer Exkommunikation weiter suspendiert sind. Spaemann etwa sagte wörtlich: "Der Papst hat gut daran getan, den Bischöfen nicht zu befehlen, von heute auf morgen aufzuhören, Priester zu weihen." Auch die Bruderschaft selbst sieht in den noch für dieses Jahr im Bistum Regensburg geplanten Weihen von Priestern und Diakonen keinen bewussten Affront gegen Rom.

Dagegen hatte der zuständige Ortsbischof von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller, die geplanten Weihen für verboten erklärt, da suspendierte Bischöfe keine Weihen erteilen dürften. Der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier forderte eine möglichst rasche und eindeutige Klärung dieser Angelegenheit, die er in den bisher vorliegenden Dekreten und Stellungnahmen des Vatikan nicht erkennen könne: "Die Ausführungen des vatikanischen Staatssekretariats vom 4. Februar erklären ausführlich, dass die vier in der katholischen Kirche kein Amt und keine Funktion haben; da steht aber nicht, dass sie noch suspendiert sind; und das hat vermutlich seinen Grund", so der Kirchenrechtler.