Adelsexperte lobt Weihnachtsansprache der Queen

"Die emotionalste Ansprache, die ich von ihr kenne"

Die Weihnachtsansprache von Queen Elizabeth II. an das Vereinigte Königreich hat Tradition. Warum die Rede des weltlichen Oberhauptes der anglikanischen Kirche besonderen Eindruck hinterließ, weiß Adelsexperte Helmut Pathe. 

Weihnachtsansprache von Queen Elizabeth II. / © Peter Byrne (dpa)
Weihnachtsansprache von Queen Elizabeth II. / © Peter Byrne ( dpa )

DOMRADIO.DE: Seit wann gibt es die Weihnachtsansprache der britischen Royals und hat es auch mal ein Jahr gegeben, in dem es keine Weihnachtsansprache gab? 

Helmut Pathe (Königshausexperte): Ja, die Tradition begann im Jahre 1932 unter König George V. Der war eher skeptisch, weil Radio damals noch nicht so verbreitet war. Aber dann hat er sich überzeugen lassen. Was ich ganz lustig finde: Die Einleitung zu dieser ersten Ansprache hielt ein Schäfer, Walter Handy. Der hatte wohl eine besonders gute Stimme dafür. Und seit 1932 ist es Tradition. Der Vater von Elizabeth George VI. hat die Tradition fortgeführt und Elisabeth hielt ihre erste Ansprache 1952.

Sie fragten weiter, ob die Ansprache schon mal ausgefallen sei. Ja, sie ist 1969 ausgefallen. Dafür wurde ein Film über die königliche Familie gezeigt, der ganz gut ankam, aber in der darauffolgenden Zeit auch kritisch hinterfragt wurde, ob es nötig war, so viel preiszugeben. 

DOMRADIO.DE: Worum ging es in der Rede der Queen in diesem Jahr? Gab es Besonderheiten? 

Pathe: Es war für mich die emotionalste Ansprache, die ich von ihr kenne, weil sie noch einmal auf ihren Ehemann, Prinz Philip, eingegangen ist, mit dem sie ja 73 Jahre und 140 Tage lang verheiratet war. Eine ungeheuer lange und für sie auch prägende Zeit. Sie hat ihren Ehemann noch mal sehr deutlich gewürdigt. Und vielleicht auch deshalb schrieben Zeitungen auf der Insel, es sei eine ihrer besten Ansprachen gewesen, weil sie eben sehr emotional war. 

DOMRADIO.DE: Würden Sie diesen Eindruck teilen? 

Pathe: Ja, unbedingt. Das heißt aber nicht, dass sie nicht die Dinge angesprochen hat, die sie regelmäßig in dieser Weihnachtsansprache ausdrückt. So sagte sie zum Beispiel, dass die Geburt Christi ja einen neuen Anfang, eine Zukunft markiere. Vor ein paar Jahren hat sie sogar ganz deutlich gesagt, dass die Botschaft von Christi Geburt auch heute noch aktuell sei. Und ich finde, das ist immer sehr bemerkenswert, wenn sie deutlich macht, dass Weihnachten für sie nicht nur Geschenke verteilen ist. Sie ist ja auch ein weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche und sehr gläubig. 

DOMRADIO.DE: Weihnachtsansprachen von Staatsoberhäuptern gibt es zuhauf. Gibt es denn auch Unterschiede im Vergleich zum Beispiel zu der von Bundespräsident Steinmeier?

Pathe: Also ich finde, der Bundespräsident hat auch in diesem Jahr wieder die Rede eines Politikers gehalten. Da war für mich nichts Emotionales drin. Weihnachten ist ja nun mal ein Fest, dass auch sehr viele Emotionen freisetzt. Und das geht all' unseren Bundespräsidenten ab, soweit ich mich erinnern kann, weil sie eben aus der Politik kommen und dann mehr oder weniger eine politische Rede halten.

Wenn die Queen beispielsweise in diesem Jahr sagt: Weihnachten kann auch schwierig sein für diejenigen, die einen geliebten Menschen verloren haben, dann verstehe ich besonders in diesem Jahr, warum. Da waren wieder ganz deutlich persönliche Bezüge drin. Die höre ich bei unserem Bundespräsidenten nie. 

DOMRADIO.DE: Wie ist denn generell der Anklang in Großbritannien zur Weihnachtsansprache? Hat diese Rede einen hohen Stellenwert oder führt das Ganze eher ein Schattendasein? 

Pathe: Das ist seit der ersten Ausstrahlung "das" Ereignis am ersten Weihnachtstag. Der erste Weihnachtstag ist ja in Großbritannien eigentlich der Tag, an dem gefeiert wird. Und schon die erste Ausstrahlung hat über 20 Millionen Menschen erreicht. Auch diesmal ist die Sendung dann mehrfach wiederholt worden. Das ist ein Termin für die Briten, sich um 15 Uhr am ersten Feiertag vor dem Fernseher zu versammeln. 

Das Interview führte Moritz Dege. 


Helmut Pathe (privat)
Quelle:
DR
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