Die Erstkommunionvorbereitung hat sich gewandelt

Familie als "Ort der Gottesnähe"

Mit Ende der Sommerferien beginnt in vielen Gemeinden die Vorbereitung auf die Erstkommunion. Doch kann die in Zeiten von schwindender Kirchenbindung gelingen? Religionspädagoge Biesinger hat eine eindeutige Antwort.

Autor/in:
Mathias Peter
Kerzen von Erstkommunionkindern / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kerzen von Erstkommunionkindern / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Während vor 40 oder 50 Jahren in katholischen Gebieten nahezu ein Jahrgang geschlossen zur Erstkommunion ging, hat sich die Situation heute völlig verändert. Manchmal gehen nur noch ein oder zwei Kinder aus einer dritten Klasse zur Erstkommunion. Auch das durchschnittliche Glaubenswissen dürfte heute deutlich geringer sein.

Für Albert Biesinger ist daher klar: Die Rezepte von früher gehen heute so nicht mehr: "Die Ausgangslage hat sich natürlich komplett verändert. Wir gehen sehr niederschwellig vor. Der Schlüssel ist die kommunikationsorientierte Vorbereitung."

Albert Biesinger / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Albert Biesinger / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Immerhin gingen im Jahr 2023 in Deutschland laut offizieller Kirchenstatistik mehr als 150 000 Kinder zur Ersten Heiligen Kommunion. Doch die früher übliche Vorbereitung mit wöchentlichen Treffen in Kleingruppen und einem Elternteil als Katechet oder Katechetin gibt es heute immer weniger, weil die Umstände sich sehr geändert haben.  

Der langjährige Professor für Religionspädagogik in Tübingen hat mit anderen Theologinnen und Theologen, mit Pädagoginnen und Pädagogen ein Buch entwickelt, das sich längst nicht als ein reines Kursbuch zur Erstkommunion versteht und Eltern wie Kinder gleichermaßen ansprechen will. "Gott mit neuen Augen sehen" – so heißt es und ist eine komplett überarbeitete Neuausgabe. 

Das Buch "Gott mit neuen Augen sehen" mit dem Kölner Dom als Hintergrund (DR)
Das Buch "Gott mit neuen Augen sehen" mit dem Kölner Dom als Hintergrund / ( DR )

Zentral ist ein familienorientierter Ansatz. Biesinger will die Eltern buchstäblich mitnehmen auf den Weg zur Erstkommunion: "Manche Eltern docken erst nach Jahren wieder an die Gemeinde an, weil ihr Kind zur Erstkommunion geht. Wichtig ist auch anzuerkennen, dass die Eltern, die heute ihr Kind zur Erstkommunion anmelden, dies wollen, nicht weil wie früher alle das tun oder weil die Oma das möchte. Oft ist es auch so, dass die Kinder selber das unbedingt wollen." 

Eltern bei der Erstkommunion "mitnehmen"

Dabei ist es egal, aus welchen Familienverhältnissen die Kinder stammen oder wie stark die religiöse Erfahrung der Eltern ist: "Ich nehme die Menschen so, wie sie sind. Das ist wichtig unter dem Aspekt, dass jeder Mensch auch seinen eigenen Weg und seine eigene Erfahrung mit Gott hat." 

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Dass die Eltern mitgenommen werden auf den Weg zur Erstkommunion ist für Biesinger ein ganz zentrales Element – gerade wenn die mit Glauben und Kirche nur noch wenig oder nichts mehr zu tun haben: "Wir bereiten zunächst mal die Eltern auf die Kommunion ihrer Kinder vor, bevor überhaupt über die Kindergruppen oder eben die Kinderbegleitung diskutiert wird."

Daher steht beim ersten Elterntreffen nicht das Organisatorische im Zentrum, sondern es geht Biesinger direkt um einen spirituellen Zugang für die Eltern. Denn die Familie sei nach wie vor der Ort, in dem Glaube gelernt wird:  "Wir versuchen auch, die Beziehung innerhalb der Familie als Ort der Gottesnähe und der Gotteskommunikation entsprechend zu erschließen, sodass es dann auch Sinn macht, wenn die Familie gemeinsam zu diesen Familiengottesdiensten kommt."

Auch in den Gottesdienst gehen will geübt werden

Doch wie sieht es bei aller Niederschwelligkeit mit den Glaubensinhalten aus? Die sollen natürlich auch vermittelt werden, gerade wenn viele Familien auch wenig Gottesdiensterfahrung haben. 

Da sind speziell gestaltete Familiengottesdienste ganz wichtig, wie Biesinger betont: "Einmal im Monat laden wir die Kommunionfamilien zu einem Familiengottesdienst ein. Viele Kinder haben ja gar keinen Kontakt mit der Liturgie in den letzten Jahren gehabt, auch die Eltern nicht mehr, so dass dann über diese gemeinsam vorbereiteten Familiengottesdienste auf dem Weg zur Erstkommunion die Kinder viel über den Glauben lernen und gern kommen."

Die Vorbereitung der Erstkommunion wird zunehmend zur pastoralen Herausforderung / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Vorbereitung der Erstkommunion wird zunehmend zur pastoralen Herausforderung / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Doch immer wieder stößt Biesinger auf Skepsis, wird der Aufwand, der für die Vorbereitung auf die Erstkommunion betrieben wird, hinterfragt. Doch er glaubt, dass es sich auf jeden Fall lohnt, auch wenn Kind und Eltern vielleicht nur einen Teil des Weges mitgehen: "Ich wende mich gegen diesen negativen Touch, wenn es manchmal heißt, die Erstkommunion und die Vorbereitung bringe ohnehin nichts und die Leute glaubten sowieso nicht - das ist auch eine Kränkung dieser Menschen. Denn sie glauben auf ihre Weise."

Erstkommunionsfeier am Weißen Sonntag in St. Severin 1956 / © Chargesheimer (Rheinisches Bildarchiv Köln)

Auch mit der Kritik, dass die Erstkommunion vor allem ein großes Event sei, kann er nichts anfangen. Die könne ruhig eine große Feier sein. Mit der besondere Gestaltung der Familienmesse hat Biesinger in vielen Kommunionjahrgängen gute Erfahrung gemacht: "Die Rückmeldungen habe ich immer wieder bekommen, dass mir Menschen am Ende der Erstkommunion dann im Einzelgespräch sagen, wenn es diese Elterntreffen nicht gegeben hätte, diese familienorientierte Vorbereitung, dann hätten sie sich nie mehr mit ihrem Glauben so tief auseinandergesetzt wie jetzt."

Erstkommunion nicht an der Gemeinde vorbei

Die Einbindung der Eltern und die Kommunionkinder in die Gemeinde findet Biesinger dabei auch wichtig. Für sich und ohne Bezug zum normalen Pfarreileben sollen die Kommunionfamilien keinesfalls sein. Denn schließlich geht es ja dabei um die Heilige Messe, um Brot und Wein, um Leib und Blut von Jesus Christus: "Die Erstkommunion darf nicht isoliert als katechetische Wegstrecke ohne Integration in die Gesamtgemeinde stattfinden, ohne Bezug zur Eucharistiefeier, um die es ja geht." 

Schalen voller Hostien / © Sebastian Widmann (KNA)
Schalen voller Hostien / © Sebastian Widmann ( KNA )

Besonders gestaltete Familiengottesdienste, die Vermittlung von Glaubensinhalten bei gleichzeitiger Achtung der Lebenserfahrung und -wirklichkeit der Familien: Biesinger ist optimistisch, dass Kinder wie Eltern durch eine zeitgemäße Kommunionvorbereitung viel für ihr Leben und den Glauben mitnehmen können. Für ihn ist klar: "Eine kompetente Kommunionsvorbereitung muss sich an beide Generationen richten."

 

Weniger Kommunionskinder in NRW

Am Sonntag ist wieder "Weißer Sonntag", in der katholischen Kirche traditionell der Tag für die gemeinsame feierliche Erstkommunion der Kinder. Doch ihre Zahl ist in den katholischen Pfarrgemeinden in Nordrhein-Westfalen gesunken.

Im Bistum Münster etwa gingen im vergangenen Jahr 13.128 Kinder zur Erstkommunion, zehn Jahre zuvor, im Jahr 2013, waren es noch 17.252.

Selbstgebastelte Erstkommunionkerzen / © Beatrice Tomasetti (DR)
Selbstgebastelte Erstkommunionkerzen / © Beatrice Tomasetti ( DR )

 

Quelle:
DR