Die evangelische Kirche will weiterhin auf die Ökumene setzen

Das Fenster bleibt geöffnet

Der rheinische Präses Nikolaus Schneider setzt weiter auf Fortschritte in ökumenischen Streitfragen. Papst Benedikt XVI. habe zwar "keine neuen Fenster für konkrete ökumenische Schritte und Vereinbarungen geöffnet, aber er hat auch keine geöffneten Fenster geschlossen".

 (DR)

In seinem Bericht vor der rheinischen Landessynode in Bad Neuenahr kündigte Schneider am Montag (09.01.2012) an, der evangelische Kirche werden gemeinsam mit katholischen Glaubensgeschwistern "auch weiterhin beharrlich um konkrete Zeichen unserer Gemeinschaft in Christus ringen - etwa um unsere Gemeinschaft am Tisch des Herrn". In einer "Ökumene der Gaben" müssten die Gaben der anderen Konfession als Herausforderung an den eigenen Weg gesehen werden.



Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bekräftigte auch die Einladung an die katholische Kirche, das Jubiläum 500 Jahre Reformation im Jahr 2017 gemeinsam zu feiern. Die rheinischen Protestanten ermutigte er, an der Wallfahrt zum "Heiligen Rock" des Bistums Trier im Frühjahr teilzunehmen und dafür zu beten. Das geänderte katholische Wallfahrtsverständnis biete die Chance, Jesus Christus als gemeinsame Mitte neu zu feiern.



Bei der Wallfahrt, zu der das Bistum auch die Protestanten eingeladen hat, wird ein angebliches Christus-Gewand zwischen dem 13. April und dem 13. Mai in Trier gezeigt. Zu dem Ereignis mit über 150 Veranstaltungen werden rund 500.000 Besucher erwartet.



"Kirchen müssen mitten in Gesellschaft bleiben"

Auch mit weniger Geld und weniger Mitgliedern müssen die Kirchen "mitten in der Gesellschaft verankert bleiben", fordert Schneider zuvor im WDR. Keinesfalls dürfe es einen Rückzug geben aus Bereichen wie Bildung, Erziehung oder Caritas und Diakonie. Die Kirchen müssten "nicht nur von der Liebe Gottes reden, sondern sie auch erfahrbar machen".



Er erwarte, so Schneider, dass die evangelische und die katholische Kirche auch weiterhin große und gesellschaftlich bedeutende Institutionen bleiben, die als Kernaufgabe vor allem überzeugend das Evangelium verkünden und "deutlich machen, warum der Glaube wichtig ist". Einen zunehmenden Fundamentalismus in Deutschland befürchte er nicht, betonte Schneider außerdem.



Finanzskandal durch kriminelle Machenschaften

Trotz des Finanzskandals um ein kirchliches Unternehmen sieht Schneider keinen leichtfertigen Umgang mit Kirchensteuergeldern. Verantwortlich für die Millionenverluste beim Beihilfe- und Bezügezentrum (bbz) in Bad Dürkheim seien vielmehr "organisierte kriminelle Machenschaften und vermutlich Schwächen in der Aufsicht". Das werde jetzt auch "genau und hart geprüft", versicherte der Theologe, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland ist.



Die rheinische Kirche hatte das bbz nach Millionenverlusten durch Fehlspekulationen mit 20 Millionen Euro gestützt. Mit dieser Summe sei die Sache voraussichtlich "finanziell ausgestanden", sagte Schneider. Zu diesem Zuschuss gab es nach seinen Worten keine Alternative, da bei dem Unternehmen mehr als tausend Kunden Bezüge und Beihilfen ihrer Mitarbeiter berechnen lassen oder Gelder angelegt haben. Wenn man die Firma hätte insolvent gehen lassen, hätte eine Menge Leute kein Geld bekommen. "All das durfte nicht geschehen, deshalb sind wir eingestiegen."



Bei den eigenen Aufsichtsgremien der Kirche liefen jetzt Überprüfungsverfahren, sagte der Repräsentant der zweitgrößten evangelischen Landeskirche. "Wir schauen uns das sehr genau an." Außerdem komme das finanzielle Engagement der Kirche auf den Prüfstand, sicherte Schneider zu. "Es sind Stimmen laut geworden, ob eine Kirche solche wirtschaftlichen Unternehmen betreiben soll. Das Thema steht an."



Am Montag sollte das Parlament der rheinischen Kirche auf seiner Jahrestagung in Bad Neuenahr in einer nichtöffentlichen Sitzung über die Millionenverluste durch Fehlspekulationen beim kircheneigenen Unternehmen bbz informiert werden. Die Landessynode ist das höchste Organ der rheinischen Kirche, die 2,8 Millionen Mitgliedern umfasst.